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Bundeswehr-Vorstoß entzweit Koalition

Becks Vorschlag zur Nahost-Beteiligung bleibt isoliert

Berlin (Reuters). Der Vorstoß von SPD-Parteichef Kurt Beck für eine Beteiligung deutscher Soldaten an der UN-Friedenstruppe im Nahen Osten entzweit die Koalition.
»Ich sage Ihnen ganz deutlich, da sind andere Nationen gefordert«, sagte CSU-Chef Edmund Stoiber in einem ZDF-Interview. CDU-Generalsekretär Ronald Pofalla griff Beck direkt an und nannte seine Positionierung vorschnell. »Wer sich zu einem Bundeswehreinsatz äußert, muss wissen, dass die Kapazitäten für weitere Auslandseinsätze deutscher Truppen weitgehend erschöpft sind«, mahnte Pofalla.
Beck hatte als erster führender Koalitionspolitiker einen Einsatz der Bundeswehr im Nahen Osten in Aussicht gestellt. »Es wird sicher kein ÝNeinÜ geben«, sagte er. Denkbar seien Hilfen bei der Absicherung von See und ein Einsatz der Bundespolizei bei der Grenzsicherung. So werde vermieden, dass ein deutscher Soldat im Konflikt israelischen Truppen gegenüber stehe.
Die FDP lehnte einen Bundeswehr-Einsatz weiter ab. Der Sicherheitsrat der UN will im Libanon nach dem Ende der Kämpfe zwischen Israel und der libanesischen Hisbollah-Miliz bis zu 15 000 UN-Soldaten stationieren.
Kanzlerin Angela Merkel hatte sich in den vorangenen Wochen mit Blick auf die Belastung der Bundeswehr zurückhaltend geäußert und eher zivile Beiträge wie Hilfen bei der Ausbildung von libanesischer Polizei und Armee ins Gespräch gebracht.
Außenminister Frank-Walter Steinmeier forderte eine offene Diskussion über das Thema. »Die israelische Regierung und auch größere Teile der israelischen Öffentlichkeit sehen offenbar in einer deutschen Beteiligung kein Problem. Das haben wir bei einer möglichen Entscheidung im Kabinett und im Bundestag zu berücksichtigen«, sagte er. Auf die Frage, ob es vorstellbar sei, dass deutsche auf israelische Soldaten schössen, sagte der SPD-Minister, größere Teile der israelischen Öffentlichkeit und Politik stellten sich diese Frage so nicht.
Stoiber erklärte, Deutschland könne Sicherheitskräfte ausbilden, auch Sanitäter in die Region schicken, »aber nicht im militärischen Bereich«. Aus historischen Gründen müsse Deutschland Israel anders helfen als mit Militär.
Der Generalinspekteur der Bundeswehr, Wolfgang Schneiderhan, schloss einen Einsatz deutscher Soldaten in dem Krisengebiet nicht aus. Zwar habe die Bundeswehr etwa bei den Sanitätern keine Kapazitäten mehr, sagte er. In anderen Bereichen sehe dies anders aus. Das Argument, die Bundeswehr könne aus Überlastung einen Nahost-Einsatz nicht stemmen, wies Schneiderhan zurück. Derzeit sind 7700 deutsche Soldaten im Auslandseinsatz, die meisten auf dem Balkan, in Afghanistan sowie im Kongo und in Gabun.
SPD-Fraktionschef Peter Struck betonte, es gebe keine Vorfestlegungen. Die Frage nach einem Bundeswehr-Einsatz stelle sich erst dann, wenn die Planungen für die UN-Truppe konkreter seien. Eine Entscheidung steht im Bundestag laut Unions-Fraktionschef Volker Kauder frühestens im September an.

Artikel vom 14.08.2006