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Kündigung in zwei Minuten

Finke akzeptiert Luhukays Schritt nicht - kein Gespräch mit Rybarczyk

Von Matthias Reichstein
und Peter Klute
Paderborn (WB). Der doppelte Rücktritt und die Folgen: Zwei Tage vor dem Auftakt in die Zweitligasaison startet Fußball-Bundesligist SC Paderborn 07 ohne sportliche Führung in die neue Spielzeit.
SCP-Präsident Wilfried Finke war überrascht.
Co-Trainer Markus Gellhaus führt nun die Elf.

Weder die oberste Vorstandsriege, noch die Mannschaft oder der engste Mitarbeiterstab ahnten irgendetwas, als Jos Luhukay am Freitagmittag um 11.33 Uhr das Wort ergriff: »Ich trete als Trainer des SC Paderborn 07 zurück.« Kurz und knapp formulierte der 43-Jährige den Satz, der den Fusionsklub fast so hart traf wie der Wett-Skandal im DFB-Pokal vor gut 18 Monaten. »Hier ziehen nicht mehr alle an einem Strang«, begründete Luhukay seinen überraschenden Schritt, ohne allerdings Details zu nennen.
Wem seine Kritik galt, sagte er aber doch. Seine Vertrauensbasis mit dem Präsidenten und dem Geschäftsführer sei zerbrochen und zerstört worden - gemeint waren Wilfried Finke und Michael Born.
Seine Kündigung teilte Luhukay seinem Präsidenten am Freitagmittag in einem Zwei-Minuten-Gespräch mit. Finke, der aus einer Sitzung gerufen worden war, will es bei diesen 120 Sekunden aber nicht belassen. »Die Gründe, die Jos Luhukay angeführt hat, beruhen auf Missverständnissen. Da werden wir in der Lage sein, die in einem Gespräch unter Männern auszuräumen«, ist der Hauptsponsor sicher.
Dieses »Gespräch« soll kurzfristig erfolgen, außerdem wird Finke die Kündigung seines leitenden Angestellten in dieser Form auch gar nicht akzeptieren: »Ein Trainer kann gar nicht zurücktreten, Der kann sich höchstens mal ein paar Tage frei nehmen. Herr Luhukay hat einen rechtsgültigen Arbeitsvertrag unterschrieben, deshalb erwarte ich, dass er diesen auch erfüllt.«
Am Sonntag, beim Auswärtsspiel in Braunschweig, wird zunächst Co-Coach Markus Gellhaus als verantwortlicher Mann auf der Bank sitzen. Der 36-Jährige, der am Freitag bereits auf dem Weg nach Kaiserslautern war, um am Abend die Partie der Ligarivalen 1. FCK gegen Rot-Weiss Essen zu verfolgen, machte auf halber Strecke Halt und kehrte sofort um.
An diesem Samstag leitet der Fußballlehrer, der den SCP schon einmal als »Chef« (1. Juli 2001 bis 3. Dezember 2001) betreute, das Abschlusstraining, bei den Braunschweiger Löwen feiert er dann seine Zweitliga-Premiere.
Ob Markus Gellhaus eine Dauerlösung sein wird oder Finke doch eher eine externe Wahl bevorzugt, ließ er am Freitag offen. »Bevor ich nicht mit Jos Luhukay persönlich gesprochen habe, werde ich mit keinem anderen Trainer über eine Zusammenarbeit reden.«
Eine Rückkehr von Luhukay ist noch nicht ausgeschlossen, die von Günther Rybarczyk schon. »Ich kann die Gründe des Trainers zu 100 Prozent nachvollziehen und gehe seinen Weg mit«, sagte der Sportliche Leiter. Mit ihm will Finke nicht mehr das Gespräch suchen: »Das Thema ist durch.«
Luhukay und Rybarczyk verabschiedeten sich am Freitagnachmittag von der Mannschaft, danach kehrte Rybarczyk wieder »mit einem flauen Gefühl im Bauch« an seinen Schreibtisch bei der Sparkasse Paderborn zurück.

Artikel vom 12.08.2006