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Weserbergland schluckt Treibhausgas

Auf 21 Flächen können bis zu 1650 Millionen Tonnen CO2 gelagert werden

Von Dietmar Kemper
Bielefeld (WB). Ostwestfalens Boden kann einen Beitrag zur Entlastung der Erdatmosphäre leisten. Er eignet sich als Lagerplatz für das Treibhausgas Kohlendioxid (CO2).

»Die Gesteinstrukturen in Ostwestfalen sind ausreichend porös«, sagte Dierk Juch vom Geologischen Dienst NRW in Krefeld am Freitag dieser Zeitung. In die Speicherräume lasse sich das CO2 hineinpumpen. Mit der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe in Hannover untersuchte der Landesbetrieb zwischen Juli und November 2005 das CO2-Speicherpotenzial in Nordrhein-Westfalen. Geeignete Gesteinsformationen gebe es nur im Weser- und Osnabrücker Bergland, lautet das Ergebnis. »In den übrigen Landesteilen ist das Gestein zu dicht«, erläuterte Juch.
Die Experten stießen auf 21 potentielle Speicherflächen mit Größen zwischen einem und 200 Quadratkilometer. Nach einer Schätzung könnten dort zwischen »400 Millionen und 1650 Millionen Tonnen« des Treibhausgases gelagert werden. »Es sind weitere Bohrungen erforderlich, und deshalb muss man mit Mengenangaben vorsichtig sein«, sagte Juch.
Nachdem das CO2 in den Kraftwerken aus den Rauchgasen herausgetrennt und in stark verdichtete Behälter geleitet wurde, muss es zur unterirdischen »Entsorgung« in eine Tiefe von mindestens 800 Meter gepumpt werden. Nur dort herrschen so große Druck- und Temperaturverhältnisse, dass das CO2 in der »überkritischen« Phase verbleibt. Heißt im Klartext: In dieser Phase hat es eine so hohe Dichte, dass es die Speicherräume optimal füllen kann. Wie teuer diese Form der Entlastung der Erdatmosphäre wird, können die Experten noch nicht sagen. Wegen des hohen technischen Aufwandes sollten Speicherflächen und die mit Kohle, Erdöl oder Erdgas betriebenen Kraftwerke nah beieinander liegen. Ostwestfalen müsste daher mit Kraftwerken aufgerüstet werden.
Das Speichern von CO2 werde von der Politik international als Lösung des Umweltproblems favorisiert, sagte Stefan Lechtenböhmer vom Wuppertal Institut für Klima, Umwelt und Energie dieser Zeitung. Kohlendioxid sei bereits in ausgebeutete Öl- und Gasfelder gepumpt worden. »Allerdings braucht die Technologie, CO2 einzufangen und abzuscheiden, noch 10 bis 15 Jahre, bis sie in breitem Umfang zur Verfügung steht«, glaubt Lechtenböhmer. Die Technik sei teuer und erfordere noch mehr Energie, also zusätzliche Kraftwerksleistung.
Nordrhein-Westfalen habe ein großes Interesse daran, das CO2-Problem zu lösen, denn die Pro-Kopf-Emission liege über dem Bundesdurchschnitt und sei mit der Situation in den USA vergleichbar. NRW sei ein »energieintensives Bundesland«, die Verbrennung von Kohle erzeuge mehr CO2 als beim Erdgas. Das Wuppertal Institut empfiehlt Energiesparen in Gebäuden (Wärmedämmung) und Industrie und die Verringerung des Straßenverkehrs (»der am schnellsten wachsende Verursacher von CO2«).

Artikel vom 12.08.2006