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Der Knackpunkt vom Punkt

Meister-Kandidat FC Schalke 04 startet nur mit einem Unentschieden

Von Klaus Lükewille
Gelsenkirchen (WB). WM-Musik lag noch in der Luft. Die Schalker Fans kopierten und intonierten vor der Pause den Anfeuerungsruf der argentinischen Fans. Gelsenkirchen war schließlich am 16. Juni 2006 der Schauplatz einer ganz besonderen Vorstellung. Mit 6:0 fegten die Südamerikaner damals die Auswahl von Serbien und Montenegro vom Rasen.

Jetzt hieß es nach 90 Minuten gegen Eintracht Frankfurt nur 1:1. Argentinische Töne waren da schon längst nicht mehr zu hören, nur noch laute Pfiffe. Sogar die sonst so unerschütterlichen Anhänger in der Nordkurve machten ihrem Ärger Luft. Der FC Schalke 04: ein selbsternannter Meister-Kandidat und sein Fehlstart.
Trainer Mirko Slomka gestand kleinlaut: »Dieses Ergebnis macht uns absolut nicht glücklich.« Wie auch? Frankfurt musste sieben erkrankte oder verletzte Stammspieler ersetzen, war vor der Pause nie ein ernsthafter Gegner - und fuhr trotzdem mit einem Punkt nach Hause. Vorstandschef Heribert Bruchhagens Kommentar: »Wir haben sehr fahrig und unkonzentriert angefangen, später aber das Unentschieden mit viel Engagement verteidigt.«
Für Trainer Friedhelm Funkel war es ein erster Schritt auf dem weiten Weg zum großen Ziel: »Wir wollen wieder den Klassenerhalt schaffen. In dieser Saison aber nicht erst am 33. Spieltag.«
Zu diesem Zeitpunkt möchte der FC Schalke 04 ganz woanders stehen, hoch oben, an der Spitze. Denn trotz des enttäuschenden Auftakts bleibt für Manager Andreas Müller der »Master-Plan« machbar: »Die Mannschaft hat die Qualität, sie kann Erster werden.«
Die Königsblauen haben ihr neues Motto von einem Werbe-Partner übernommen, es steht groß auf den Anzügen der Trainer: »Totale Dominanz«. Müllers Titel-Traum, totale Ignoranz? Totale Arroganz war es in jedem Fall, wie Lincoln die große Möglichkeit zum vorentscheidenden 2:0 in der 50. Minute verschenkte.
Elfmeter für Schalke. Eigentlich sollte Levan Kobiaschwili schießen. Doch der Brasilianer hatte sich die Kugel schon geschnappt und erklärte dem Kollegen: »Ich mache das, ich fühle mich sicher.« Das konnten dann alle sehen: Ganz lässig wollte Lincoln den Ball in die Ecke schieben, Markus Pröll »lag« richtig und wurde zum gefeierten Frankfurter.
Der Knackpunkt vom Punkt. Slomka sah das zunächst etwas anders: »Ich will das Spiel nicht an diesem Elfmeter festmachen.« Aber dann musste er doch zugeben: »Danach haben wir leider immer mehr unsere Linie verloren. Wir haben nur noch Hau-Ruck-Fußball gespielt, das ist eines Titelkandidaten unwürdig.«
Und es kam, wie es in solchen Spielen oft kommt. Der vorher chancenlose Gast nutzte seine einzige Möglichkeit. In der 72. Minute glich Ioannis Amanatidis die Führung aus, die Halil Altintop in der 30. Minute nach glänzender Vorarbeit von Kevin Kuranyi erzielt hatte. Gleich ein Volltreffer des neuen Torjägers, der sich aber darüber gar nicht freuen wollte: »Drei Punkte wären mir lieber gewesen. Wir mussten zur Pause schon mit 3:0 oder 4:0 führen.«
Der Mann, der vom Absteiger Kaiserslautern kam und jetzt Meister werden möchte, er plädierte anschließend für eine System-Änderung: »Mir wäre es lieber, wenn wir nur mit zwei Stürmern auflaufen würden.«
Slomka setzt aber vorerst weiter auf drei Spitzen. Altintop, Kuranyi - und Neuzugang Peter Lövenkrands, der sich erste Pluspunkte als Anspieler verdiente. Der Trainer baut außerdem auf drei Leute, die diesmal noch pausierten: Demnächst sind Fabian Ernst, Mladen Krstajic und Rafinha wieder einsatzbereit. Dann soll die Mannschaft »meisterlich« auftrumpfen. Titelverdächtig ist aber schon heute der Zuschauer-Zuspruch am neuen Spielplatz. Vor dem Anpfiff wurde 10. Millionste Arena-Besucher geehrt.

Artikel vom 14.08.2006