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DGB appelliert an
Stadt und Politik

»Bielefeld tut nichts für Lehrstellen«


Von Bernhard Hertlein
Bielefeld (WB). »In Bielefeld tut sich gar nichts«, klagt Roland Engels. Dabei gehe es doch um die Auszubildenden und damit auch um die Zukunft der heimischen Wirtschaft. Da genüge es nicht, dass die Industrie- und Handels- sowie die Handwerkskammer und die Agentur für Arbeit auf zusätzliche Stellensuche für die noch unversorgten Jugendlichen zu schicken. »Es ist unerträglich, dass Politik und Verwaltung diese wichtige Aufgabe einfach verschlafen.«
Andernorts hätten sich frühzeitig Netzwerke gebildet, in denen Wirtschaft, lokale Politik, sowie Stadt- und Arbeitsverwaltung gemeinsam nach Möglichkeiten suchten, benachteiligte Jugendliche noch auf eine Lehrstelle oder, wenn das nicht möglich sei, auf einen übertrieblichen Ausbildungsplatz zu hieven, lobte gestern der in Petershagen bei Minden wohnhafte Gewerkschaftsboss. Engels nannte die Wirtschaftsinitiativen im Kreis Herford und im Mühlenkreis Minden-Lübbecke. »Eigentlich sollte das Oberzentrum an der Spitze der Bewegung stehen«, meinte der Chef der DGB-Region. Aber davon sei im Falle von Bielefeld nichts zu spüren.
Als besonders prekär schilderte der Gewerkschafter die Lage in den Berufskollegs: »Viel zu wenige Lehrer, viel zu volle Klassen und keine Konzeption.« So dürfte man die Träger des Bildungssystems nicht einfach allein lassen: »Namentlich vom städtischen Schuldezernenten Albrecht Peter Pohle sollte man hier mehr Engagement erwarten.« Kritik äußerte Engels auch an den Kammern: »Die Ausbildungsberater besuchen viel zu oft nur dieselbe Klientel.«
Konkrekt fordert Engels die Gründung eines Netzwerks, in dem Fachleute Jugendliche ohne Ausbildungsplatz über Qualifizierungsmaßnahmen beraten und versuchen, sie an Betriebe zu vermitteln. Ein »Patenpool« solle dafür sorgen, dass genügend persönliche Ansprechpartner zur Verfügung stehen.
Frei werdende Ausbildungsplätze beispielsweise durch Abbrecher oder Jugendliche, die sich kurzfristig für eine andere Lehrstelle entscheiden, müssten schneller wieder zur Verfügung stehen. Für die Arbeit der Ausbildungsplatz-Akquisiteure sei eine Koordinierungsstelle einzurichten. Zudem solle das Bielefeld-Netzwerk die Koordinierung von Verbund-Ausbildungsplätzen übernehmen. Schließlich gebe es auch zu wenige Vollzeit-Schulausbildungen, bei denen die Teilnehmer einen Kammerabschluss erwerben könnten.
Engels schloss mit einem Appell an Verwaltung und Politik in der Stadt: »Tut endlich was!« Alles andere sei unerträglich.

Artikel vom 11.08.2006