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Das deutsche
Hoch im Norden

Göteborg-Bilanz: Talente in Sicht

Göteborg (dpa). Das Skandinavien-Hoch hat den deutschen Leichtathleten nach stürmischen Zeiten wieder Auftrieb gegeben. Mit dem Rückenwind der Europameisterschaften sollen die strategischen Ziele Olympia 2008 in Peking und WM 2009 in Berlin in Angriff genommen werden.

»Wir sind auf einem guten Weg zu neuen, noch größeren Herausforderungen. Göteborg macht Mut für kommende Aufgaben«, sagte der Präsident des Deutschen Leichtathletik-Verbandes (DLV), Clemens Prokop. Sechs Wochen nach dem Europacup-Debakel von Malaga und der heftigen Medien-Schelte wurde der sonst eher sachliche Cheftrainer Jürgen Mallow euphorisch: »Wir sind zu fast allem fähig. Und wir können es noch besser.«
Insgesamt zehn Medaillen (4 Gold/4 Silber/2 Bronze) erkämpften die Deutschen im Ullevi-Stadion; gleich vier Mal Einzel-Gold überstrahlte die Bilanz von München. Bei der Heim-EM vor vier Jahren hatte der DLV 19 Mal Edelmetall (2/9/8) gewonnen; 400-Meter-Mann Ingo Schultz das einzige Einzel-Gold. Hinter den mit Argwohn betrachteten Russen, die mit zwölf Europameistern, zwölf Mal Silber und zehn Mal Bronze ihr bestes EM-Ergebnis seit 1994 ablieferten, sind die Deutschen wieder die Nummer 2.
Diesmal gab es in der Qualifikation nur ein Dutzend gescheiterte Hoffnungen, dafür 36 Finalplatzierungen. »Unser Motto 'Hier geht was!' ging auf«, meinte Mallow. »Wir schaffen es, dass Träume in Erfüllung gehen. Und wir schaffen Sensationen.«
Für unverhofftes Gold-Glück sorgten bei den perfekt organisierten Titelkämpfen in der schwedischen Hafenstadt Marathon-Frau Ulrike Maisch und 10 000-Meter-Mann Jan Fitschen. Auch mit dem Sieg von Kugelstoßer Ralf Bartels konnte man nicht unbedingt rechnen. Die umstrittene Nominierung einiger Talente hat sich in vielen Fällen ausgezahlt. »Es gibt einige neue Namen, an die wir uns auf dem Weg zu den Weltmeisterschaften in Berlin gewöhnen müssen«, betonte DLV-Chef Prokop.
Thomas Blaschek gewann Silber über 110 Meter Hürden, auch Jens Werrmann (21) überzeugte hier auuf Platz sechs. Auch den Mehrkämpfern gehört die Zukunft: Pascal Behrenbruch (21) wurde bei seinem EM-Debüt Fünfter, Siebenkämpferin Lilli Schwarzkopf (22) holte Bronze, Jennifer Oeser (22) landet auf Platz vier. Für Kugelstoßerin Petra Lammert, auch erst 22, hat sich der Wechsel nach Neubrandenburg bereits ausgezahlt: Bronze hatte sie in der Hand, Gold war greifbar.
Mallow weiß, wie schwer der Weg wird - aber er setzt auf die Trumpfkarte: »Die Jungen haben sich hier hervorragend geschlagen. Sie konnten sich hier Motivation holen - und Selbstvertrauen ist eine Produktivkraft.« Im Top-Team-Kader für die Olympischen Spiele 2008 wird es Veränderungen geben. Bei der Trainertagung des DLV soll wieder alles auf den Prüfstand. Mallow: »Das Team wird kleiner werden.«

Artikel vom 14.08.2006