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Schlagkräftige
Männlichkeit

Burschenschaften unter der Lupe

Von Viktoria Fischer (Text und Foto)
Detmold (WB). Studenten der Universität Paderborn haben mehr als ein halbes Jahr lang mit viel Herzblut an der Ausstellung »Schlagfertig! Studentenverbindungen im Kaiserreich« gearbeitet, die vom 15. August an im Detmolder Freilichtmuseum zu sehen ist.

»Einer für Alle und Alle für Einen!« hieß der Freundschaftsbund der zahlreichen Studentenverbindungen im Kaiserreich. Diesem weitverbreiteten Phänomen der Burschenschaften haben sich Privatdozent Dr. Rainer Pöppinghege und die Studenten des Historischen Instituts der Universität Paderborn sowie die Museumsleitung in Detmold angenommen.
Die kleine Studioausstellung auf 60 Quadratmetern soll mithilfe von zahlreichen Originalexponaten wie Band, Degen und Kleidung Einblicke in den Alltag, in Bräuche, Traditionen und in das politische Selbstverständnis von Verbindungsstudenten geben. Außergewöhnlich ist, dass die ausgestellten Objekte aus der Stiftung des Detmolder Privatsammlers Ewald Lutz stammen, der selbst einer Verbindung angehörte und 1950 mit dem Sammeln der Studentica-Artikel begann.
Das besondere Interesse liegt auf dem Lebensbundprinzip der Verbindungen, das anhand der ausgearbeiteten Texte und der verschiedenen Gegenstände beleuchtet werden soll. Bereits vor Austellungseröffnung haben sich viele aktive Verbindungsbrüder sowie Ehemalige, auch »Alte Herren« genannt, beim Museum für eine Führung angemeldet. Aber auch Bürgern ohne eine nähere Beziehung zu Burschenschaften wird die Ausstellung manche Aufschlüsse bieten, da sie mit unzähligen Klischees aufräumt und objektiv über die Studentenbünde berichtet.
»Die Studenten, darunter auch ein Verbindungsstudent, haben sich durch ihre Arbeit profiliert, und die Kooperation funktionierte vorbildlich«, erläutert der Projektleiter Dr. Pöppinghege. Obwohl es sich bei den Burschenschaften ausschließlich um Männervereinigungen handelt, haben auch Studentinnen mitgearbeitet: »Die Arbeit an diesem Projekt war faszinierend, weil es für mich als Frau eine fremde Welt war und ich keinerlei Bezugsmöglichkeiten dazu hatte«, meint Sabrina Lausen, die im neunten Semester Neueste Geschichte studiert.
Besucher finden in dieser Ausstellung seriöse und stichhaltige Informationen auch über jüdische und katholische Verbindungen, die von 1840 bis 1920 als »Außenseiter« fungierten. Idealisierung und Schönfärberei der romantischen Vergangenheit werden dabei außen vor gelassen. An sechs festgelegten Tagen werden Führungen von den mitwirkenden Studenten angeboten, um Interessierten die Thematik näher zu bringen.

Artikel vom 10.08.2006