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Unterhalt von den reichen Kindern

Unionsministerinnen einig - Diskussion um Pofalla-Vorstoß geht weiter

Berlin (dpa). CDU-Generalsekretär Ronald Pofalla hat für seine Forderung nach einer Unterhaltspflicht von Kindern für ihre langzeitarbeitslosen Eltern prominenten Beistand erhalten. Familienministerin Ursula von der Leyen (CDU).

Der Vorstoß wird von Bundesfamilienministerin Ursula von der Leyen wie auch von Bundesforschungsministerin Annette Schavan (beide CDU) grundsätzlich unterstützt. Diese seien »nachdenkenswert« und »sehr diskussionswürdig«, sagte ein Sprecher von der Leyens gestern in Berlin. Vorrang müsse stets die Fürsorge für die eigenen Kinder haben, dann folge der eigene Lebensunterhalt. Junge Familien sollten »keine Angst vor Überforderung haben«, sagte der Sprecher. »Aber wer heute 300 000 Euro im Jahr verdient und keine eigenen Kinder zu versorgen hat, der ist gesetzlich nicht verpflichtet, nach Hartz IV für seine Eltern einzustehen.« Deshalb müsse man über Pofallas Vorschlag diskutieren.
Der Sprecher stellte klar, das genannte Jahreseinkommen von 300 000 Euro sei »willkürlich« gegriffen und beispielhaft für jemanden, der sehr gut verdiene und keine Kinder zu versorgen habe. Es handele sich dabei um eine grundsätzliche »ordnungspolitische Vorstellung« der Familienministerin, nicht um eine Überlegung im Detail.
Auch Schavan hält es für richtig, wenn gut verdienende Kinder für ihre bedürftigen Eltern eintreten. »Staatliche Hilfe beginnt erst dort, wo der einzelne oder die Familie überfordert ist«, sagte sie. Pofalla folge mit seinem Vorschlag der Familiendefinition im familienpolitischen Programm der CDU: »Familie ist dort, wo Eltern für Kinder und Kinder für Eltern Verantwortung übernehmen.« Wer dies grundsätzlich ablehne, verweigere sich den nötigen soBundesfialpolitischen Reformen, meinte die Ministerin und CDU-Vize.
Auch der arbeitsmarktpolitische Sprecher der Unions-Fraktion, Ralf Brauksiepe (CDU), stellte sich hinter Pofalla. »Wir reden hier über etwas, das in der alten Sozialhilfe Gang und Gäbe war«, sagte er. Mit Hartz IV habe man »das Signal gesetzt: Der Staat wird sich schon um alles kümmern. Das ist aus meiner Sicht der falsche Ansatz.«
Für Juso-Chef Björn Böhning ist es »sozialpolitischer Irrsinn«, wenn »junge Menschen dafür zahlen sollen, dass die Unternehmen keine Beschäftigten über 50 Jahren mehr einstellen«. Das sei unsozial und generationen-ungerecht, meinte er. Pofalla ziele damit offensichtlich auf einen grundsätzlichen Wandel: von einem »Sozialstaat, der auf Beiträgen und Anrechten, die man dafür bekommt, beruht - hin zu einem Sozialstaat, der auf Alimenten innerhalb der Familien beruht«. Dies verkenne, dass es nicht nur geordnete, sondern auch zerrüttete Familien gebe.

Artikel vom 10.08.2006