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»Der Mensch ist das einzige Wesen, das rot werden kann. Und er hat es nötig.«
Intelligenz
im Kriechgang
wie gehabt
Von Rolf Dressler
Schwarz-weiß-Zeichner sind, was sie sind und wie sie sind. Im Angesicht von Massenterror, Krieg und sonstiger horrender Gewalt kommen die Alles-besser-Wisser und Moral-Scharfrichter natürlich auch jetzt wieder groß heraus. Und wieder ist ihr schlichtes Denk-Strickmuster des »Hier die Guten - dort die Bösen« dasselbe wie beim letzten Mal.
Seinerzeit, als die Amerikaner auszogen, um dem Schreckensregime Saddam Husseins ein Ende zu machen, hob auch Deutschlands Welt-Chefkritiker-Gilde den US-Präsidenten George W. Bush bedenkenlos auf eine Stufe mit dem irakischen Tyrannen. Gedächtnisschwund? Vorsätzliche Verdrängung? Oder jene unheilvolle Verbindung von beidem im Sinne dessen, was dem Dichter Gottfried Benn in den 1920er Jahren mächtigen Verdruss bereitet hatte? Zitat:
»Das Abendland geht weder zu- grunde an den totalitären Systemen noch an seiner geistigen Ar- mut, sondern an dem hündischen Kriechen seiner sogenannten Intelligenz vor den vermeintlichen politischen Zweckmäßigkeiten ...«
Und heute nun, da Israel die pa- lästinensische Hisbollah, einen von vielen seiner erklärten Todfeinde, niederzuzwingen versucht, sind viele wieder zur Stelle. Sie belehren uns darüber, dass der »Gotteskrieger«-Terrorismus eigentlich »aus dem Westen« komme. Ja, man versteigt sich sogar dazu, dass ursächlich die Deutschen für Krieg, Hass und Dauer-Unfrieden im Nahen Osten veranwortlich seien: Hitlers Judenvernichtung habe die Gründung des Staates Israel überhaupt erst nötig gemacht.
Auf eigenwillige Weise Wasser auf diese Mühlen schüttete SWR-Intendant Peter Voß. Es sei Illusion, dass der Staat Israel sich längerfristig dort werde halten können. Irgendwann müssten wir die Israelis wieder in Europa aufnehmen, meinte Voß im ARD-»Presseclub« vom 30. Juli 2006. Lässiges Daherreden? Kalkulierte Provokation?
Einen ganzen Staat - noch dazu den einzigen demokratisch verfassten in Nahost - komplett auszulagern und in ferne, fremde Regionen zu verfrachten, wie sollte so etwas je funktionieren? Man frage dazu doch einmal diejenigen, denen bei einer solchen Brachialaktion buchstäblich der Existenzboden unter den Füßen weggezogen würde!
Kaum weniger brisant die historische Schlüsselfrage, ob deutsche Soldaten unter UN-Führung Friedenstruppen-Dienste als Puffer zwischen Israelis und Palästinensern leisten dürfen, können, sollen, müssen. Was wäre, wenn sie in Gefechte mit der Hisbollah verwickelt würden?
Nicht auszudenken, dass deutsche Soldaten, ihrem UN-Auftrag gemäß, mit Schusswaffengewalt gegen Israelis vorgehen müssten, um diese von Militäraktionen gegen die Hisbollah abzuhalten.
Das größte anzunehmende Desaster aber wäre das Ende des Staates Israel. Denn dann würden wohl alle fallen: Ägypten, Afghanistan, womöglich die Türkei und hier gar Teile des Balkans.
Direkt vor unserer Haustür.
Artikel vom 12.08.2006