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»Stadt nicht zum Handeln gezwungen«

Politik will über Planspiele informiert werden - enormer Sanierungsstau in der Bibliothek

Von Burgit Hörttrich
Bielefeld (WB). Ende Mai wurden Überlegungen bekannt, die Stadtbibliothek vom Jahnplatz in das ehemalige DPWV-Gebäude an der Alfred-Bozi-/Unterführung alte Stapenhorststraße zu verlagern.

An Stelle der Bibliothek und der Nachbargebäude inklusive des Gebäudes der »Löwen«-Apotheke, so der Plan, solle ein Investor ein Ärzte- und Geschäftshaus errichten, im Gegenzug das DPWV-Haus passgenau für die Stadtbibliothek umbauen, das dann die Stadt wiederum langfristig anmieten würde. »Es gibt nichts, was die Stadt zwingen würde zu handeln,« sagt Planungsdezernent Gregor Moss. Die SPD-Fraktion in der Bezirksvertretung Mitte kritisiert, dass bislang noch kein politisches Gremium - offiziell - in die Überlegungen eingeweiht worden sei, und will mehr wissen über Zeithorizont, Neubaupläne etc.
Auch Kulturdezernent Rainer Ludwig betont: »Es gibt nichts Neues.« Er erinnert jedoch daran, dass der Auslöser des »Planspiels« der sanierungsbedürftige Zustand der Zentralbibliothek gewesen sei. Der Immobilienservicebetrieb (ISB) spreche von einem Sanierungsstau, den abzuarbeiten zwischen drei und vier Millionen Euro kosten würde. Der Kulturausschuss würde über die nötigen Maßnahmen in seiner Septembersitzung, der ersten nach der Sommerpause, in Kenntnis gesetzt.
Das Gebäude, in dem die Zentralbibliothek untergebracht ist, ist die frühere Kreissparkasse; die zentrale Halle stammt aus dem Jahr 1962. Ludwig: »Das Gebäude zeigt eine besondere Architektur, steht aber nicht unter Denkmalschutz.«
Und ist für eine Stadtbibliothek von nicht eben idealem Zuschnitt.
Sanierungsbedürftig vor allem sind Belüftungssystem/ Heizung, Beleuchtung und die Leitungen, die für moderne Datenverarbeitung nicht geschaffen sind - allesamt teure Maßnahmen, die allerdings von den Bibliotheksnutzern nicht wahrgenommen werden würden.
Wegen der Besitzverhältnisse und Mitspracherechte schwierig würden sich zudem die Verhandlungen mit den jetzigen Immobilienbesitzern auf dem Dreieck-Grundstück am Jahnplatz zwischen Herforder und Wilhelmstraße gestalten.
Das ehemalige DPWV-Haus, 1931 für die Seidenstoffweberei Wertheimer & Co. errichtet, ist heute im Besitz des Bauträger-Unternehmens Borchard + Dietrich (Eastend-/Westend-Tower).
Kulturpolitiker bewerten den heutigen Standort der Stadtbibliothek, die im vergangenen Jahr ihren 100. Geburtstag feierte, als 1 A-Lage, die des ehemaligen DPWV-Hauses mit seinen 1700 Quadratmetern Nutzfläche, das für den neuen Zweck zuerst einmal komplett entkernt und um ein Magazin ergänzt werden müsste, gilt als 1 B. Obwohl nur fünf Minuten zu Fuß vom Jahnplatz entfernt, sei der Standort nicht mehr zentral. Eine direkte Anbindung an die Stadtbahn fehlt.

Artikel vom 09.08.2006