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Klangzauber trotz knarrender Register

Begeisterndes Konzert: Organistin Elisabeth Roloff gastiert in Ummeln

Ummeln (gal). Auf ihrer sommerlichen Konzertreise durch Europa gab die international bekannte Konzertorganistin Elisabeth Roloff in der evangelischen Kirche Ummeln ein bemerkenswertes Konzert. Durch Vermittlung ihres Bruders, des Ummelner Pfarrers Martin Roloff, war die Begegnung mit dieser überragenden Orgelmeisterin zu Stande gekommen.

Nach Stationen in London und Paris leitet Elisabeth Roloff seit 1982 die liturgische Musik in der Erlöserkirche in Jerusalem und unterrichtet als Dozentin an der Jerusalemer Musikakademie. Ihr Konzert an der Kleuker-Orgel lockte viele erwartungsfroh gestimmte Zuhörer in den lichtdurchfluteten Kirchenraum. Das wohl durchdachte Programm wurde durch drei Musikgrößen bestimmt: Johann-Sebastian Bach, Wolfgang Amadeus Mozart und Felix Mendelssohn Bartholdy.
Den Anfang machten »Präludium und Fuge d-Moll« (BWV 539), eine Übertragung einer Solosonate für Violine von Bach. Durchscheinend registriert und tänzerisch bewegt musiziert, führte die musikalische Reise zu der »Fantasie f-Moll« (KV 594) von Mozart. Komponiert für eine Orgelwalze, diente dieses Werk als Trauermusik für ein Mausoleum, was besonders im chromatischen Adagio-Teil deutlich wird.
Der hell aufleuchtende Mittelteil scheint dagegen an die Heldentaten des geehrten Heerführers zu erinnern. Roloff gelang es mit ihrer unnachahmlichen Registrierkunst, sowohl hier, als auch im »Adagio und Rondo in C« (KV 617), den mozartschen Klangzauber zu verbreiten. Einzig durch die Register der Orgel wurden ihr Grenzen gesetzt, so dass die Zartheit der für eine Glasharmonika komponierten Bearbeitung nicht ganz zum Tragen kam.
Von den sechs Orgelsonaten op.65, Meisterschöpfungen von Mendelssohn Bartholdy für dieses Instrument, hatte die souverän aufspielende Künstlerin die »Sonate I in f-Moll« und »Sonate II in c-Moll« ausgewählt. Als Bindeglieder zwischen Barock und Romantik zu verstehen, kommt in ihren Fugenteilen Mendelssohns Verehrung für Bach zur Geltung. In der Sonate I wird der Choral »Was mein Gott will« polyphon umspielt, im Adagio-Teil dagegen zart und weich interpretiert, mit starken dynamischen Kontrasten im Andante, bis hin zum klangprächtigen Finale mit seinen Akkordbrechungen. Hier hätte man sich eine »romantische Orgel« gewünscht - doch einer Meisterorganistin wie Elisabeth Roloff gelingt es durch geschickten Einsatz aller, mitunter etwas knarrender Register trotzdem, ein optimales Klanggemälde zu zaubern.
Wie groß ihr technisches Können ist, zeigte Roloff mit der Interpretation der »Sonate I in Es- Dur« (BWV 525) von Bach. Diese, als Übungsstücke für Friedemann Bach konzipierten Sonaten mit ihrem immensen Schwierigkeitsgrad, sind für Organisten der Gipfel ihrer Kunst. Wer diese Werke beherrscht, kennt keine technischen Probleme mehr. Mit einer verblüffenden Leichtigkeit und absoluter Präzision im Trio-Spiel bewies Elisabeth Roloff, dass sie zu den Großen der Orgelkunst zählt.
Mit starkem Applaus bedankte sich das staunende Publikum, das sich eine baldige Wiederbegegnung mit der nach Michelstadt und Westerland weiterreisenden Künstlerin erhofft. Als Dank wurden die Zuhörer mit dem berühmten »Jesus bleibet meine Freude« von Bach beschenkt.

Artikel vom 09.08.2006