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Hinter Titeln und Rekorden
stand knochenharte Laufarbeit

Bielefelds ehemaliges Langstrecken-Ass Herbert Höke wird heute 70

Von Werner Jöstingmeyer
Bielefeld (WB). Als die Laufbahnen noch aus roter oder schwarzer Asche bestanden, das »Dopingmittel« bestenfalls aus den Zapfhähnen der Gaststätten floss und Volksläufe noch echte Volksläufe waren, da kannte ihn zumindest in der westfälischen Läuferszene jedes Kind. Von 1959 bis 1962 war der Bielefelder Langstreckler Herbert Höke kaum zu schlagen. Heute wird der »lange Dürre« aus Borgholzhausen 70 Jahre alt. Das WESTFALEN-BLATT gratuliert und erinnert an seine »goldenen Jahre«.

Wie weiland die »tchechische Lokomotive« Emil Zatopek eilte Herbert Höke mit leicht gebeuchtem Rücken von Erfolg zu Erfolg. Er sammelte Meistertitel zuhauf und blieb hübsch bescheiden. In den Schoß gefallen war ihm die Meritensammlung nicht. Hinter seinen Titel und Bestzeiten stand knochenharte Trainingsarbeit.
Im Spätherbst 1958 tauchte der gelernte Tischler plötzlich beim Leichtathletiktraining des damals ruhmreichen Polizei-Sportvereins auf dem Sportplatz Königsbrügge auf. Bisher war er meist über Äcker und Wiesen oder durch die Wälder des Altkreises Halle getrabt. Einem Verein hatte er bis dato nicht angehört, wollte jetzt aber gezielt nach den Plänen von PSV-Boss Walter Hülsmann trainieren.
In dem wesentlich kleineren Hans »Butzig« Müller, der im PSV auf den Langstrecken eindeutig den Ton angab, fand er den idealen Trainingspartner. Erinnert sich Zeitzeuge und PSV-Mitstreiter Heinz Winkler: »Es war ein Bild für die Götter. Vornweg der kleine, elegant laufende Hans Müller, dahinter der eher hölzern wirkende Laufriese Herbert Höke. So drehten sie auf der Königsbrügge zahllose Trainingsrunden.«
Herbert Hökes Fleiß zahlte sich schon bald aus. Belegte er bei den westfälischen Meisterschaften 1959 Platz vier über 3000 m Hindernis und Rang fünf über 5000 m, trug er sich 1960 schon als Sieger auf der Langstrecke bei den westfälischen Waldlaufmeisterschaften im Dortmunder Hoesch-Park ein. Im Sommer des selben Jahres gewann er in Herford auch seinen ersten westfälischen 10 000 m Titel in 31:57,4 Minuten. Nur über 5 000 m musste er als dritter seinem Teamgefährten Hans Müller (2.) noch den Vortritt lassen.
Dank der Trainingspläne von Walter Hülsmann und dem eigenen eisernen Willen wurde Herbert Höke immer schneller. Auch 1961 und 1962 war ihm über 10 000 m niemand gewachsen. Höke kam und siegte. Sein Paradestück lieferte er 1962 in Wanne-Eickel ab. Zunächst wurde er Meister über 10 000 m in neuer persönlicher Bestzeit von 30:44,0 Minuten und siegte anschließend auch über 5 000 m in 14:41,0 Minuten. Diese Zeit toppte der Doppelmeister wenig später in Minden, als ihm in 14:38,0 Minuten ein neuer Hausrekord gelang.
Natürlich waren die großen etablierten und fiananzstärkeren Vereine längst auf Herbert Höke aufmerksam geworden. Weil Bayer 04 Leverkusen Deutscher Mannschaftsmeister in der Leichtathletik werden wollte, benötigten die »Pillenmänner vom Rhein« ein weiteres As für die Langstrecke. Sie verpflichteten 1963 das heimatverbundene Ravensberger »Urgestein« vom Bielefelder Polizei-Sportverein. Das Engagement dauert nur kurze Zeit. Nach seiner Rückkehr gab Höke zu: »Als einer von vielen habe ich mich in Leverkusen nie so richtig wohlgefühlt.«
Ab 1965 ließ Herbert Höke in seinem Stammverein PSV die Karriere so langsam ausklingen. Derweil hatte ihm in Bielefeld mit Hans-Werner Wogatzky sowieso ein neuer Star den Rang abgelaufen. Höke konzentrierte sich mehr und mehr auf seinen Beruf als Tischler, legte seine Meisterprüfung ab machte sich in Borgholzhausen selbständig. Nach einer langen Wettkampf- und Trainingspause tauchte er plötzlich vor ein paar Jahren beim LC Solbad Ravensberg auf und beteiligte sich an Volksläufen. Damit schloss sich für den heutigen Rentner ein Kreis. Die Leichtathletik bestimmte viele Jahre sein Leben. Herbert Höke sammelte viele Meriten. Der »lange Dürre« aus Borgholzhausen hat inzwischen aber die Laufschuhe längst an den Nagel gehängt. Geblieben sind die Erinnerungen an seine »goldenen Jahre«. Mit einem Blick auf die ewigen Bestenliste lässt sich ermessen, wie stark der Langstreckler vor nunmehr 44 Jahren war. Nicht viele »Erben« im Kreis Bielefeld/Halle haben seite tolle Zeiten von damals bis heute unterboten. Herzlichen Glückwunsch Herbert Höhe zum 70. Geburtstag.

Artikel vom 14.08.2006