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Der »Stern« Schwarzkopf strahlte

Siebenkampf-Bronze: Der Tag der Paderbornerin - Carolina Klüft holt den nächsten Titel

Göteborg (WB). »Der Stern am Siebenkampf-Himmel: Lilli Schwarzkopf.« Das stand auf einem Transparent im Stadion - und die 22jährige Paderbornerin griff bei der Leichtathletik-EM zu den Sternen. Sie bringt eine glitzende und glänzende Bronzemedaille mit nach Hause.

Der zweite Tag, ihr starker Tag. So war es jetzt auch in Göteborg. Auch eine leichte Handverletzung beim Weitsprung stoppte Schwarzkopf nicht. Denn zum Finale, da kam »ihre« Strecke. Die 800 Meter - und auf dieser Distanz rannte sie auf den Ehrenplatz. In 2:11,86 Minuten gewann sie den Lauf in einem phantastischen Endspurt. Das war der glanzvolle Schlusspunkt unter zwei tolle Tage. Am Ende standen großartige 6420 Punkte auf dem Konto, damit überbot Schwarzkopf ihre erst Wochen aufgestellte Bestmarke, die sie in Ratingen mit 6413 aufgestellt hatte.
Auf der Tribüne strahlte ein Mann in den Göteborger Abendhimmel, sein »Stern« war aufgegangen: Reinhold Schwarzkopf, Vater und Trainer der Bronzegewinnerin, hatte ihr schon vor dem 800-Meter-Lauf den großen Wurf zugetraut: »Lilli ist gut drauf, hoch motiviert - und sie kann kämpfen.« Das bewies seine Tochter dann auf den letzten 100 Metern: Aus Platz drei machte sie noch Platz eins und jubelte: »Es ist einfach traumhaft, dass ich hier eine Medaille gewonnen habe.«
Sie vollbrachte das Kunststück, ohne eine Disziplin-Bestleistung durch einen konstant guten Wettkampf ihre »Marke« zu verbessern. »Nachdem ich zu Beginn des Kugelstoßens zwei grottige Versuche hatte, hat mein Trainer mir ins Gewissen geredet. Und von da an liefs«, sagte die Blondine, die zum Abschluss mit der größten Weite im Speerwurf (51, 36) und der zweitbesten Zeit über 800 m (2:11,85 Minuten) überzeugte.
Von Platz acht nach dem ersten Tag auf den Bronze-Rang - eine erstklassige Vorstellung der jungen Paderbornerin, die ihre Kämpfer-Qualitäten bewies.
Besser waren vor 32 000 Zuschauern im erstmals ausverkauften Ullevi-Stadion nur Schwedens Volksheldin Carolina Klüft (6740) und die Niederländerin Karin Ruckstuhl (6423). Die Leverkusenerin Jennifer Oeser wuchs als Vierte ebenfalls über sich hinaus.
Anschließend feierten die Siebenkämpferinnen gemeinsam - und ließen sich von den Zuschauern feiern. Die Wellen rauschten nur so durch das Ullevi-Stadion. Mittendrin: Immer wieder Lilli Schwarzkopf. Und natürlich die große Lokalmatadorin. Caroline Klüft holte sich sich bei ihrem Göteborger »Heimspiel« den nächsten Titel ab. Die Solo-Show der Favoritin: Nachdem Ex-Weltmeisterin Eunice Barber (Frankreich) nach der zweiten Disziplin wegen einer Oberschenkelverletzung in Führung liegend ausgestiegen war, kämpfte die Meisterin aller Klassen nur noch gegen ihren eigenen Körper. »Nach dem Ausscheiden von Eunice habe ich meinen eigenen Wettkampf gemacht«, sagte die ebenfalls von einer Oberschenkelblessur gehandicapte 23-Jährige: »Aber vor diesen tollen Fans machte es trotzdem riesigen Spaß.«
Am Ende verpasste sie den angestrebten Europarekord der Russin Larissa Nikitina (7007) aus dem Jahr 1989 deutlich, siegte aber mit 317 Zählern Vorsprung auf die Niederländerin Karin Ruckstuhl und legte den Grundstein für eine zweite »goldene Serie«. Nach ihrem ersten EM-Gold vor vier Jahren in München hatte die Schwedin auch bei den Weltmeisterschaften 2003 und 2005 sowie Olympia 2004 Gold geholt und damit alle wichtigen Titel in ihrem Besitz.
Auch die zweite deutsche Teilnehmerin legte einen großartigen Wettkampf hin: Jennifer Oeser erzielte mit 6376 Punkten ebenfalls neue eine persönliche Bestleistung. Ihr strahlender Coach Karl-Heinz Düe durfte sich zudem über weitere Disziplinbestleistungen über 100 m Hürden (13,65 Sekunden), im Hoch- (1,86 m) und Weitsprung (6,28) sowie im Speerwurf (48,52 m) freuen.

Artikel vom 09.08.2006