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Sachsen und Franken
tranken Birkensaft

Freilichtmuseum Oerlinghausen zeigt unsere Vorfahren

Von Dietmar Kemper
Oerlinghausen (WB). Das Archäologische Freilichtmuseum in Oerlinghausen richtet am Samstag und Sonntag zum ersten Mal »Sachsen- und Frankentage« aus.
Herzog Widukind nach einem Gemälde von Hans Mündelein.

»Die Wikinger sehen uns inzwischen als eine Art Vereinsheim an«, sagte Museumsleiter Karl Banghard gestern dieser Zeitung. Zu den Vorführungen der Laiengruppen, die das Leben der Nordmänner möglichst getreu nachspielen, strömten in den Vorjahren bis zu 5000 Besucher auf das 1,5 Hektar große Freigelände im Kreis Lippe. Beflügelt durch den Erfolg möchte Banghard jetzt den Blick auf die Sachsen und Franken richten. Zur Premiere am Samstag (12 bis 18 Uhr) und Sonntag (10 bis 18 Uhr) werden 50 Darsteller aus ganz Deutschland anreisen, um die Zeit des 6. bis 8. Jahrhunderts lebendig werden zu lassen.
»Die Vorführungen reichen vom Bogenmachen bis zum Weben«, kündigte Banghard an. Ein Damastschmied werde hartes, sprödes Eisen mit weichem zu einem für die damalige Zeit typischen Schwert verbinden: scharf und gleichzeitig gut schwingend. Außerdem erleben die geschichtsinteressierten Gäste, wie Handwerker Silber in Eisen hämmern und so kunstvolle Metalleinlegearbeiten anfertigen. Weitere Schwerpunkte der Vorführungen werden Holzbearbeitung und Ernährung sein.
Die schiffsförmigen Langhäuser der Franken gelten als imposante Zeugnisse frühmittelalterlicher Architektur und fallen durch ihr buckelförmiges Dach auf, das dem Wind weniger Angriffsfläche bieten sollte. Eines dieser Langhäuser, dessen Grundriss in Halle-Künsebeck entdeckt worden war, wird zur Zeit im Freilichtmuseum nachgebaut und soll im Sommer 2007 fertiggestellt sein. Die Zeit der Sachsen und Franken sei keine trostlose, kulturlose Phase gewesen, wie vielfach angenommen, sondern eine »quietschbunte« Epoche, sagte Banghard und verwies auf farbige Glasperlen und Gewänder.
Die Menschen hatten meistens genug zu essen, schätzten Omelette mit Datteln und Oliven oder Hühnchen in Hirse und schliefen in Betten mit Tannennadeln oder Schilfkolben als weicher Unterlage. Neben Bier und Wein wurde Birkensaft getrunken. In den Siedlungen lebten etwa 40 Menschen mit ihren Tieren. Banghard wundert sich: »Über das Leben im 6. bis 8. Jahrhundert in Deutschland wissen wir besser Bescheid als etwa über das Leben der Wikinger. Und trotzdem gibt es nur wenige Menschen, die sich seriös der Darstellung dieser Zeit widmen.« Die ernst zu nehmenden Gruppen habe man nach Oerlinghausen eingeladen.
Als berühmtester Sachsen-Herzog gilt Widukind. Am 20. August öffnet das renovierte Widukind-Museum in Enger und zeigt eine neue Dauerausstellung. Auch in Enger wird es dann beim Museumsfest von 11 bis 18 Uhr ein Sachsenlager geben.

Artikel vom 08.08.2006