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Mörder wählte
Opfer zufällig

Polizei geht von Einzeltäter aus

Nürnberg (dpa). In der bundesweiten Mordserie an neun ausländischen Geschäftsleuten verfolgt die Polizei einen neuen Ermittlungsansatz. Man konzentriere sich nun stärker auf einen möglichen Einzeltäter, der seine Opfer zufällig ausgewählt habe.

Der Leiter der Sonderkommission »Bosporus«, Wolfgang Geier, erklärte, der Täter könne aus dem Raum Nürnberg stammen, da die Mordserie hier begonnen hatte.
Verbindungen der Opfer zu kriminellen Vereinigungen oder untereinander konnten trotz intensiver Ermittlungen bisher nicht festgestellt werden. »Wir haben keine heiße Spur«, sagte Geier. Gerade bei den jüngsten beiden Taten in Dortmund und Kassel erscheine die Opferauswahl eher zufällig. Den Morden, die alle mit derselben Waffe - einer tschechischen Pistole der Marke Ceska - begangen wurden, waren zwischen September 2000 und April 2006 neun Männer zum Opfer gefallen.
In Nürnberg hatte der Täter drei Mal zugeschlagen, in München zwei Mal. Die weiteren Tatorte waren Hamburg, Rostock, Dortmund und Kassel. Bis auf einen Griechen waren alle Opfer türkischer Abstammung. Sie waren Gemüse- oder Blumenhändler, hatten eine Dönerbude, eine Änderungsschneiderei oder einen Kiosk. Der bisher letzte Mord in Kassel ereignete sich in einem Internet-Café.
Auffällig erscheint den Ermittlern der überregionale Radius des Serienmörders. Möglicherweise übe er einen Beruf aus, der große Mobilität voraussetze, sagte der Leiter der Abteilung »Operative Fallanalyse« am Polizeipräsidium München, Alexander Horn. Er erstellt mögliche Täterprofile. Als Beispiele nannte Horn eine Tätigkeit im Kundendienst, im technischen Service oder im Transportwesen. Im Falle des Gesuchten müsse zudem eine »Nähe zu Schusswaffen« vorhanden sein. So könne der Täter etwa ein Freizeitschütze sein.
»Ein Serienmörder kann ein angepasstes Leben führen«, sagte Horn. Er könne in einer Partnerbeziehung leben und auch Kinder haben. Auslöser für die Morde könne ein »destabilisierendes Ereignis« sein, zum Beispiel eine Trennung. Möglich sei in dem konkreten Fall auch ein negatives Erlebnis mit einem Ausländer, da alle Opfer ausländischer Abstammung waren. Denkbar sei auch, dass er nach einem neuen Mord im Kreis von Familie und Bekannten das Gespräch ganz allgemein auf das Thema bringe.
Die Ermittler erhoffen sich Hinweise auf Personen, auf die das Profil zutrifft. Sie gehen dabei davon aus, dass es sich bei dem Täter um einen Mann handelt. Zur Klärung der Verbrechen ist eine Belohnung von 300 000 Euro ausgesetzt.
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Artikel vom 08.08.2006