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»Im Kampf um die
WM zählt jeder Punkt«

Schumacher kann es wieder aus eigener Kraft schaffen

Budapest (dpa). Das späte Punktegeschenk nach der Harakiri-Fahrt beim Großen Preis von Ungarn in Budapest ist für Michael Schumacher Gold wert.
»Im Kampf um die WM zählt jeder Punkt, daher war das natürlich eine gute Nachricht. Jetzt sind es noch zehn Punkte Rückstand auf Fernando, mit denen wir in die Formel-1-Sommerpause gehen. Zehn Punkte, die wir in den nächsten fünf Rennen aufholen wollen und meiner festen Überzeugung nach aufholen können. Ich kann es nur noch einmal sagen: Die WM ist noch absolut offen«, erklärte der Rekord-Weltmeister.
Die gute Nachricht erreichte den Rennfahrer auf dem Handy, als er in der Heimat aus dem Flugzeug kletterte. Musste der Ferrari-Star nach seinem Ausfall auf dem Hungaroring drei Runden vor Schluss im WM-Duell mit Fernando Alonso im Saison-Finale noch auf Schützenhilfe hoffen, kann er den Titel nach dem nachträglichen Punktgewinn durch die Disqualifikation von BMW-Pilot Robert Kubica (Polen) wieder aus eigener Kraft gewinnen: Fünf Siege in den letzten fünf Rennen - und der 37-Jährige könnte als achtmaliger Weltmeister von der Formel-1- Bühne abtreten.
Eine bessere Ausgangsposition hatte der Routinier zuvor leichtfertig verschenkt. »So deppert darf er sich nicht anstellen«, kritisierte Ex-Weltmeister Niki Lauda. Im Duell mit BMW-Pilot Nick Heidfeld verlor Schumacher drei Runden vor Rennende seinen kühlen Kopf. »Wenn ich wie Michael Schumacher eine Weltmeisterschaft gewinnen möchte, dann muss ich so viel Luft lassen, dass nichts passiert, dass es selbst dann nicht kracht, wenn Nick Heidfeld einen kleinen Fehler macht. Manchmal ist weniger mehr. Sich so hart zu wehren, war unnötig«, stellte der frühere Formel-1-Pilot Hans-Joachim Stuck fest.
Statt nach Alonsos Ausfall im Duell mit dem am Ende drittplatzierten Heidfeld zurückstecken, fuhr Schumacher volles Risiko. Als der Mönchengladbacher ihn überholt hatte, konterte er, versuchte innen wieder vorbeizukommen und beschädigte sich dabei die Spurstange. »Vielleicht hätten wir etwas sagen sollen. Aber hinterher ist man immer klüger«, übte Teamchef Jean Todt Selbstkritik. Denn Schumacher hätte den Rückstand auf den Spanier im Renault, der wegen des Defekts am Schließmechanismus einer Radmutter vorher ausgeschieden war, von elf auf sechs Punkte reduzieren können.
»Man hätte sagen können, dass man auf zwei, drei Positionen verzichtet und dafür die Punkte mit nach Hause nimmt. Aber so bin ich nicht. Da wird gekämpft bis zum Schluss, bis sich nichts mehr dreht, bis nichts mehr geht«, sagte Schumacher und gab damit einen tiefen Einblick in sein Innerstes. Einer wie er fährt immer auf der Überholspur. »Ohne die nötige Aggressivität wären wir nie in die Position gekommen, um die Meisterschaft kämpfen zu können«, sagte er. Schon im Training vor der Qualifikation hatte er so gehandelt und sich einen Tag nach Alonso eine Strafe aufbrummen lassen, die ihm die Pole-Position gekostet hatte.

Artikel vom 08.08.2006