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Aus Kaufhaus »Tamar« wird ein »CAP-Markt«

Fester Vertrag statt arbeitslos: 40 Prozent der Mitarbeiter sind Menschen mit Behinderungen

Von Annemargret Ohlig
(Text und Foto)
Eckardtsheim (WB). Aus dem Eckardtsheimer Lebensmittelmarkt »Tamar« an der Verler Straße wird am Donnerstag offiziell »CAP - der Lebensmittelpunkt«. Damit öffnet in Ostwestfalen-Lippe der erste CAP-Markt, in dem nahezu die Hälfte der Mitarbeiter Menschen mit Beeinträchtigungen sind.

»Wir wollten nicht nur die Nahversorgung der etwa 2200 Bewohner Eckardtsheims durch ein Lebensmittel-Einzelhandelsgeschäft auf Dauer sichern«, sagt Jens U. Garlichs von der zentralen Öffentlichkeitsarbeit der von Bodelschwinghschen Anstalten Bethel. Das wäre mit dem Lebensmittelgeschäft »Tamar« in seiner bisherigen Form nicht möglich gewesen.
Gleichzeitig sollte, außerhalb von Werkstätten für Behinderte, eine Chance auf eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung geschaffen werden. »Drei Arbeitsplätze für Menschen mit psychischen Beeinträchtigungen gibt es dort, geplant sind fünf«, sagt Günter Bornmann, Projektleiter der CAP-Märkte Bethel.
In den kommenden Wochen wird zudem das traditionsreiche Bethel-Kaufhaus »Ophir« in einen Integrationsbetrieb umgewandelt. Mit der gleichen Struktur: Mindestens 40 Prozent der Mitarbeiter haben Behinderungen. Die Eröffnung dieses zweite CAP-Marktes in OWL ist für Oktober geplant.
Die Bezeichnung »CAP« kommt von Handicap und steht für eine Betriebsform, die in Baden-Württemberg von einer Genossenschaft in Sindelfingen entwickelt wurde. Bundesweit gibt es schon mehr als 35 dieser Märkte, die die EDEKA beliefert. Betrieben werden sie von unterschiedlichen Trägern als Franchise-Nehmern. Die Integrationsfirma proJob. Bethel gGmbH der von Bodelschwinghschen Anstalten gehört jetzt dazu.
Das Besondere am CAP-Modell: Für Menschen, die wegen ihrer Beeinträchtigungen bisher arbeitslos (geworden) waren, entstehen sozialversicherungspflichtige feste Arbeitsverhältnisse. »Das steigert ihr Selbstwertgefühl wesentlich«, betont Günter Bornmann. Und Raimund Klinkert, Geschäftsführer proWerk und proJob. Bethel, fügt hinzu: »Im Idealfall führt der Weg zu einem festen Beschäftigungsverhältnis im so genannten ersten Arbeitsmarkt.«
Ganz allein müssen die von Bodelschwinghschen Anstalten dieses Projekt jedoch nicht stemmen. Die Integrationsfirma in der Rechtsform eine gGmbH erhält Steuerbegünstigungen, die Bundesagentur für Arbeit fördert ebenso das Vorhaben CAP-Markt. Im ersten Jahr übernimmt sie 50 Prozent der Lohnaufwendungen für Arbeitsverhältnisse behinderter Mitarbeiter. Im zweiten Jahr sind es noch 40 Prozent.
Außerdem werden die Beschäftigten regelmäßig geschult. Denn das unumgängliche Ziel heißt: Nach fünf Jahren müssen sich die Märkte über ihre Umsätze selbst finanzieren. Was die Kunden in Eckardtsheim im CAP-Lebensmittelmarkt Tamar am 10. August und nach einem Investitionsaufwand von insgesamt 272850 Euro erwartet, ist eine Erweiterung der Verkaufsfläche um 100 auf 400 Quadratmeter, eine neue Ladeneinrichtung, eine Sortimentserweiterung (Bioprodukte) und ein Parkplatz mit 16 zusätzlichen Stellplätzen.
l Zur Neueröffnung an diesem Tag werden unter anderem Würstchen gegrillt und für die Kleinsten gibt es eine Hüpfburg.

Artikel vom 08.08.2006