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Zoobesuch und snoezeln

Auch mit Rollstuhl lässt sich in den Ferien eine Menge erleben

Von Alexander Heim (Text und Foto)
Borgholzhausen (WB). Mensch, so schnell geht das: Die Ferien hatten doch gerade erst begonnen. Und nun sind sie schon wieder vorbei. Diese coole Zeit zum Schwimmengehen, Radfahren, Kite-Surfen oder Segeln. Was aber, wenn ein Rollstuhl die Möglichkeiten einschränkt?

Wie verbringen eigentlich Kinder und Jugendliche mit Behinderungen ihre Ferien? JUGENDSTIL ist dieser Frage einmal nachgegangen - und hat interessante Möglichkeiten herausgefunden.
Was Kinder in Borgholzhausen (Kreis Gütersloh) in ihren Ferien machen, liegt auf der Hand: Ferienspiele natürlich. Traditionell gibt es hier in den jeweils letzten zwei Wochen der Sommerferien ein Angebot, das von den Mitarbeitern und Helfern der Jugendzentren sowie ortsansässiger Sportvereine auf die Beine gestellt wird. Kinder mit Behinderungen sind hier ganz selbstverständlich willkommen. Ihre Behinderungen sind kein Thema. Wer Hilfe braucht, bekommt sie. Im Zweifelsfall von einem persönlichen Begleiter. Vieles aber klärt sich beim gemeinsamen Spielen von selbst. Das ebenerdige Jugendzentrum bietet gute räumliche Voraussetzungen, etwa für die Kinder, die im Rollstuhl sitzen.
Beim Verein für Körper- und Mehrfachbehinderte im Kreis Gütersloh gibt es zahlreiche junge Mitglieder, die auf die vier Räder angewiesen sind. Damit sie nicht nur mit Mama, Papa und ihren Geschwistern zu Hause etwas unternehmen oder sich im schlimmsten Falle sogar sechs Wochen langweilen, hat der Verein in diesem Jahr zum ersten Mal Ferienspiele speziell für seine Mitglieder angeboten. Zwei Wochen lang trafen sich die Mädchen und Jungen im »Haus der Kinder« in Rheda-Wiedenbrück. Die Organisatoren um Erzieherin Katja Winkler hatten sich für jeden Tag Aktionen ausgedacht. Zusätzlich gab es einzelne größere Veranstaltungen. David (18), der auch beim Spielenachmittag mit von der Partie war, hatte sich, ebenso wie die elfjährige Julia, für einen Ausflug in den Osnabrücker Zoo entschieden.
Zusammen mit fünf anderen Kindern, darunter auch Julias kleiner Bruder Tim (7), und vier Betreuern ging es in der letzten Ferienwoche zu den Affen, Giraffen, Löwen und Bären. »Wir sind auch schon mit meinen Eltern zusammen im Urlaub im Altmühltal gewesen«, erzählt Julia. Doch auch ein Klinikaufenthalt stand in ihren Ferien schon auf dem Programm. Bei den Ferienspielen hat ihr auch der gemeinsame Kino-Besuch gut gefallen. Tiere haben es der Gesamtschülerin angetan. Stolz erzählt sie von ihrem Hobby: dem Westernreiten.
Was sie mal ausprobieren möchte? Da muss Julia nicht lange überlegen: »Judo«, sprudelt es aus ihr heraus. »Damit ich meinen Bruder mal aufs Kreuz legen kann«, grinst sie. David versteht sich gut mit seinem Bruder. Er war dieses Jahr sonst nicht im Urlaub. »Vor ein paar Jahren sind wir auf Mallorca gewesen«, erzählt er.
Eine ganz andere Art von Urlaub verbrachten Vanessa (14), Shane (21), Jessica (13), Lara-Marie (10) und Isabell (11). Die Mädchen wohnten für einen Teil ihrer Ferien nämlich in der Haller Kurzzeitpflege-Einrichtung »Die Arche«. Hier können Kinder und Jugendliche mit Behinderungen mal eine Auszeit von ihren Familien nehmen.
Gemeinsam mit den andern Kindern gab's zum Beispiel einen Ausflug zur örtlichen Feuerwehr. »Wir versuchen, zwei bis drei große Ausflüge innerhalb der Ferienzeit anzubieten«, erzählt Betreuerin Edelgard Bittner. Auch der Snoezel-Raum zum Entspannen bei Musik und Lichteffekten kommt bei den jungen Besuchern gut an. Im Garten der Arche steht ein großes Trampolin, das von den Kindern, die laufen können, gerne genutzt wird. Und wenn die Spaziergänge zu einer der beiden Eisdielen führen - dann sind die Ferien schon so gut wie gerettet.

Artikel vom 10.08.2006