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Naturnaher Forst resistent
gegen Umweltkatastrophe

WESTFALEN-BLATT-Serie - Folge 21: »Plenterwald«

Bielefeld (gge). Volker Brekenkamp ist als Abteilungsleiter Forsten beim Umweltbetrieb der Stadt Bielefeld für rund 1850 Hektar Stadt- und 300 Hektar Stadtwerke-Wald zuständig. Für das WESTFALEN-BLATT hat der 54-jährige Diplom-Forstingenieur und Leiter des Tierparks Olderdissen die Geschichte des Bielefelder Stadtwaldes auch unter Berücksichtigung der Hege und Pflege des heimischen Wildes zur Serie »Wald und Wild in Bielefeld« aufgearbeitet.

Vorteile der naturnahen Waldbewirtschaftung zeigen in vielerlei Hinsicht: Es wird eine Angleichung des Betriebes an die Naturvorgänge erzielt und eine biologische Produktionsautomatisierung wird weitgehend erreicht. Naturnahe Baumartenmischung, natürliche Verjüngung standortgemäßer Baumarten, stufiger Aufbau und Dauerbestockung schaffen günstige ökologische Verhältnisse, erhalten die standörtliche Ertragsfähigkeit und nutzen die Produktionselemente bestmöglich aus, so dass nachhaltig optimale Zuwachsleistungen erreicht werden.
Naturnah bewirtschaftete Wälder sind durch Naturkatastrophen wesentlich geringer gefährdet als gleichaltrige und gleichförmige Hochwaldbestände. Es besteht die größtmögliche Resistenz gegen schädliche Witterungs- und Klimaeinflüsse, sowie gegen Insekten- und Pilzschäden, die dort so gut wie unbekannt sind.
Infolge diffuser Verteilung der Verjüngung machen sich bei gleicher Wilddichte im Vergleich zum Schlagwald Wildschäden weniger stark bemerkbar. Damit wird das denkbar geringste Betriebsrisiko erreicht.
Betriebstechnisch vorteilhaft kommen Ernte, Verjüngung und Erziehung mit einem Minimum an Eingriffen aus, wobei nach Möglichkeit mit natürlicher Verjüngung gearbeitet werden soll. Durch eine qualitätsfördernde Schattenerziehung entwickeln sich engringige und feinastige Einzelbäume. Rationell kann mit geringem Vorratseinsatz viel wertvolles Starkholz bei unbedeutendem Anfall geringwertiger Sortimente produziert werden. Die Erntekosten sind wegen des vorherrschenden Starkholzes um zehn bis zwanzig Prozent niedriger und gleichen dadurch die Nachteile des zerstreuten Nutzungsanfalls aus.
Der Plenterwald ist heute betriebswirtschaftlich ein Idealbetrieb durch geringes Betriebsrisiko, biologische Produktionsautomatisierung, unbedeutende Belastung mit kostspieligen Kultur- und Jungbestandspflegearbeiten, Ernte von wertvollerem Starkholz ohne hohe Werbungskostenbelastung und dem Wegfall jeglichen forstschutztechnischen Bestandserhaltungsaufwandes.
Negativ wirkt sich allerdings die sehr schwer zu erhaltende Nachzucht von Lichtbaumarten aus, wodurch gerade in diesem Revier aus waldbaulich-technischer Sicht mit Schwierigkeiten zu rechnen ist. Der Umwandlungsprozess zur naturnahen Waldwirtschaft vollzieht sich in vielen kleinen Schritten und dauert mehrere Jahrzehnte. Begonnen wurde in Bielefeld damit 1987.
Die letzte Folge unserer Serie »Wald und Wild« lesen Sie Dienstag, 17. Oktober.

Artikel vom 13.10.2006