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Geschöpfe erleben in natürlicher Umgebung

WESTFALEN-BLATT-Serie »Wald und Wild« - Folge 17: Geschichte des Tierparks Olderdissen

Bielefeld (gge). Volker Brekenkamp ist als Abteilungsleiter Forsten beim Umweltbetrieb der Stadt Bielefeld für rund 1850 Hektar Stadt- und 300 Hektar Stadtwerke-Wald zuständig. Für das WESTFALEN-BLATT hat der 54-jährige Diplom-Forstingenieur und Leiter des Tierparks Olderdissen die Geschichte des Bielefelder Stadtwaldes auch unter Berücksichtigung der Hege und Pflege des heimischen Wildes zur Serie »Wald und Wild in Bielefeld« aufgearbeitet.

Der Tierpark Olderdissen ist heute ein zeitgemäßer Tierpark mit klarer Zielsetzung. Vieles hat sich seit der Gründung verändert, wurde vergrößert und verbessert, aber die ursprüngliche Absicht, die Tiere der heimischen Landschaft der Bevölkerung in möglichst natürlicher Umgebung zu zeigen, blieb. Auf rund 15 Hektar Fläche, inmitten von Wäldern, Feldern, Wiesen und Teichen fügt sich der Tierpark harmonisch in die Landschaft ein. Auffällig ist der alte Baumbestand, der majestätisch die Gehege und Wege einrahmt.
Veraltete Gehege, die nur der Tierzurschaustellung dienten, wurden durch Anlagen ersetzt, die den neuesten zoologischen Erkenntnissen einer weitgehend artgerechten Tierhaltung entsprechen. Sowohl in der Eingliederung der Gehege in die Landschaft als auch in der Gestaltung selbst wird versucht, eine möglichst natürliche Umgebung für die Tiere zu schaffen. Darüber hinaus werden in der Planung auch die artspezifischen Verhaltensweisen und die sozialen Bindungen der Tiere berücksichtigt. Der Tierpark beherbergt in 43 Gehegen und Volieren mit 100 verschiedenen Arten 450 Tiere, so zum Beispiel Rothirsch, Fischotter und Wanderfalke. Es handelt sich hierbei mit nur wenigen Ausnahme um Tiere unserer Heimat, wobei der Begriff »Heimat« mehr im mitteleuropäischen Sinne auszulegen ist.
Die zunehmende Verarmung unserer Umwelt bringt es mit sich, dass die Besucher hier Tiere beobachten können, denen sie in der Natur nur noch selten oder gar nicht mehr begegnen. Den Tierpark können sie als Lernort nutzen, das Geschöpf sehen, erleben, begreifen und achten lernen. So verstanden soll dem mehr oder weniger naturentfernten Großstadtmenschen die verloren gegangene Einsicht in das Beziehungsgefüge der Natur wenigstens in kleinen Teilbereichen vermittelt werden.
Erfolge kann der Tierpark auch bei der Aufzucht seltener und vom Aussterben bedrohter Tierarten wie Wisent, Wolf, Luchs, Wildkatze, Uhu und Kolkrabe aufweisen. Die seit 1977 nachgezogenen Uhus (98 Stück) wurden der »Aktion zur Wiedereinbürgerung des Uhus« übergeben. Durch Auswilderungsprogramme dieser Organisation ist der Uhu auch an einigen Stellen des Teutoburger Waldes wieder anzutreffen.
Erwähnenswert ist auch die Greifvogelaufnahmestation des Tierparks. Hier werden in der Natur verletzt aufgefundene Greifvögel wieder gesund gepflegt und später in die Freiheit entlassen. Als Anziehungspunkt gilt die in Olderdissen nach einem Brand im Jahre 1976 wieder aufgebaute Tierpräparate-Ausstellung. Sie zeigt in anschaulicher Form die umfangreiche Artenvielfalt der heimischen Tierwelt und stellt eine wesentliche Ergänzung zum Tierpark dar. Ein Streichelzoo und ein Spielplatz lassen Kindern den Besuch im Tierpark noch erstrebenswerter erscheinen.
Olderdissen ist ein Name, er sich herumgesprochen hat. Die jährlich ca. 400000 Besucher kommen nicht nur aus Bielefeld, sondern auch aus dem weiteren Umkreis. Eine Besonderheit hebt den Tierpark, wie auch den in der Nähe liegenden Botanischen Garten, aus der Vielzahl ähnlicher Einrichtungen anderer Städte heraus: Er ist das ganze Jahr geöffnet und jederzeit für alle Besucher kostenlos zugänglich, so dass er von allen Seiten auf verschiedenen Wegen betreten und wieder verlassen werden kann. Die Stadt war immer der Auffassung, dass die Unterhaltung des Heimattierparks vorwiegend eine soziale und kulturelle Aufgabe sei, die allen Menschen zur Verfügung stehe. So besagt denn auch die Satzung vom siebten Dezember 1966, dass der Tierpark Olderdissen ausschließlich und unmittelbar gemeinnützige Zwecke verfolgt. Er wird in vollem Maße von der Stadt Bielefeld getragen, die auch Eigentümerin der Anlage ist.
Teil 18 der Serie lesen Sie am Dienstag, 3. Oktober.

Artikel vom 29.09.2006