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Die Sehnsucht und das Selbst im Portrait

Alexandra Sonntag in der »Rampe«

Von Uta Jostwerner
und Carsten Borgmeier (Foto)
Bielefeld (WB). Gesichter, überall nur Gesichter. Wer dieser Tage den Kunstraum »Rampe« betritt, stößt auf sie zuhauf: Großformatig und direkt auf die Wand gemalt oder kleinformatig auf Holztafeln. Ihre Schöpferin heißt Alexandra Sonntag, die von der Kunstvermittlerin Marion Dueball eingeladen wurde, den lichten Ausstellungsraum als Atelier auf Zeit zu nutzen.

Seit Mitte Juni arbeitet die Bielefelder Künstlerin im Gastatelier, dessen räumliche Großzügigkeit und Helligkeit offenbar einen inspirierenden Einfluss ausübt. Zahlreiche Portraits säumen die Wände und bedecken den Fußboden. Die 1969 in Herford geborene Künstlerin hat sich an ihrem aktuellen Thema, dem Frauenportrait, regelrecht abgearbeitet und es in unterschiedlichen Techniken - Öl, Aquarell, Zeichnung - durchleuchtet. Und der Fortgang der künstlerischen Arbeit dauert an.
»Mein übergeordnetes Thema ist die Intimität von Nähe und Annäherung«, sagt Alexandra Sonntag. Vornehmlich ihre kleinformatigen Werke, gearbeitet in Öl auf Holztafeln, zwingen den Betrachter, nahe an die Bilder heranzutreten und damit latent einen voyeuristischen Standpunkt einzunehmen. Indes, die solcherart studierten Gesichter halten dem Blick stand. Mal scheinen sie ohnehin nach innen zu blicken, mal schauen sie gelassen und in sich ruhend zurück, mal gehen sie auch auf Distanz.
»Es handelt sich um introspektive Sehnsuchtsbilder«, erläutert die Künstlerin, die zwar auch Freundinnen und Bekannte portraitiert, stets aber ein Stück der eigenen Befindlichkeit einfließen lässt. Arbeitet sie nicht nach einer bestimmten Vorlage, ähneln die Gesichter auch schon mal ihrem eigenen.
Es gehe ihr nicht darum, narrative Bilder zu erstellen, sagt Sonntag, die daher in ihren Bildern auf alles verzichtet, was eine räumliche oder zeitliche Zuordnung ermöglichen würde. Vielmehr wolle sie Typisierungen von Gesichtern darstellen sowie Schönheit, die keinem Modetrend folge.
Arbeitet sie ihre kleinformatigen Portraits detailscharf aus, so offenbaren die parallel entstehenden Wandbilder einen eher zeichenhaften Charakter. Malduktus und Verläufe lassen auf ein schnelles, impulsives Arbeiten schließen. Durch die aquarellige Malweise mit stark verdünnter Acrylfarbe bleiben die Gesichter transparent.
Weitere Werkgruppen sind gezeichnete Portraits in schwarz-weiß sowie Landschaftsbilder mit Frauendarstellungen.
Besuche im Atelier auf Zeit, Neustädter Straße 9 (Hinterhof), sind noch bis zum 23. August möglich, jeweils samstags von 14 bis 17 Uhr und donnerstags von 17 bis 20 Uhr sowie nach telefonischer Absprache unter 01 76/26 00 20 85. Das Sommeratelier endet am Mittwoch, 23. August, 19.30 bis 21.30 Uhr, mit einer Finissage

Artikel vom 05.08.2006