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Leben im Schutzraum: In
Nahariya herrscht die Angst

Bielefelds Partnerstadt abgeriegelt - Kontakt per Mail


Bielefeld (bp). Am 13. Juli wurde Bielefelds israelische Partnerstadt Nahariya zum ersten Mal von Katjuscha-Raketen getroffen - seitdem sind viele Einwohner in den Süden zu Verwandten gezogen, Familien, die nicht zusammen gehen können, versuchen, wenigstens die Kinder in Sicherheit zu bringen. Die übrigen Einwohner müssen oft Tag und Nacht in Schutzräumen verbringen, nach Einbruch der Dunkelheit wagt sich kaum noch jemand auf die Straßen. Galia Mor, die als Kulturbeauftragte der 50 000 Einwohner-Stadt auch für die Städtepartnerschaft mit Bielefeld zuständig ist, meldete sich jetzt erneut bei Ellen Golinja im Bielefelder Rathaus.
Zeit, eine E-mail zu schreiben, hat sie eigentlich nicht, denn: »Wir haben einen der härtesten Tage seit Beginn der Angriffe, eine Menge Raketen sind eingeschlagen.« Ihr letzter Satz: »Es tut mir leid, ich kann nicht mehr schreiben, wir müssen wieder in den Bunker.«
Die üblichen Aufgaben der Stadtverwaltung bleiben liegen, Galia Mor kümmert sich darum, dass vor allem den Kindern die Zeit, die sie in den Bunkern verbringen müssen, schneller vergeht. Sie hat Listen mit Aktivitäten vorbereitet: Yoga, Meditation, Puppenspiel, Malkurse, Zaubervorstellungen können unter der Erde abgehalten werden - wenn Künstler oder Kursleiter sind in die jeweiligen Schutzräume wagen.
Oberbürgermeister Eberhard David hat an seinen Amtskollegen, den Bürgermeister von Nahariya, Jacky Sabag, einen Brief abgeschickt. Ob er ankommen wird ist mehr als fraglich. Galia Mor: »Post wird nicht zugestellt, die Stadt ist abgeschlossen.« Das Wirtschaftsleben ist zum Stillstand gekommen, Betriebe haben ihre Mitarbeiter auf unbezahlten Urlaub in die Schutzräume geschickt. Die Hotels in der beliebten Urlaubsstadt Nahariya stehen leer. Galia Mor verbringt so viel Zeit wie es ihr möglich ist, im Büro in der Stadtverwaltung - wenn sie nicht in den Bunker muss.

Artikel vom 04.08.2006