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Voigt mit Wut im Bauch zum Sieg

Radsport-Tour: OWL macht Eindruck

Von Hans Peter Tipp
Minden/Goslar (WB). 10 000 Zuschauer brachten am Vormittag in Minden die Radprofis auf Touren. Diesen Rückenwind aus Ostwestfalen nutzte Jens Voigt nachmittags in Goslar zum ersten Etappensieg eines deutschen Stars bei der Deutschland-Tour 2006.

Der Berliner setzte sich gestern bei der zweiten Etappe über 181,5 Kilometer aus einem Ausreißertrio, den er 15 Kilometer vor dem Ziel initiiert hatte, gegen Davide Rebellin (Italien) und Andrej Kaschetschkin (Kasachstan) durch, weil er eine pfiffigere Taktik gewählt hatte.
Er trat er früh an und verblüffte die Konkurrenz. Voigt: »Mein Ziel war es, als Erster durch die letzte Kurve zu fahren.« Vor Schreck setzte der Italiener in der Zielkurve mit der Pedale auf, rutschte fast weg, und der Weg für Voigt war frei. »Ich bin froh, dass ich auch in Deutschland gewonnen habe«, sagte der 34-Jährige, der zuletzt bei der Tour de France vorn lag. Wegen seiner gradlinigen Art gilt Voigt neben Erik Zabel als beliebtester deutscher Radprofi. Auch in Goslar trug er sein Herz auf der Zunge: »Der Sieg ist wie ein Befreiungsschlag: Ich bin noch da.« Es war aber auch Wut im Spiel, denn beim Start in Minden hatte ein Fernseh-Team von »Spiegel TV« mit der Frage »Heute schon gedopt?« für Unmut unter den Profis gesorgt -Ê insbesondere bei Aktivensprecher Voigt.
Das Gelbe Trikot des Gesamtführenden verteidigte wie tags zuvor in Bielefeld der Russe Wladimir Gusew. Die Bergvariante ging als Trostpflaster für den entgangenen Sieg an Rebellin.
Der Besuch in Ostwestfalen hinterließ beim Chef der Rundfahrt einen besseren Eindruck als bei Voigt. »Der Tagesabschnitt von Düsseldorf nach Bielefeld war mit 500 000 Zuschauer an der Strecke die best besuchte Etappe aller Zeiten bei der Deutschland-Tour«, sagte Kai Rapp, »und auch hier in Minden ist der Andrang sehr groß.« So blieb eigentlich nur noch eine Frage, die Rapp der Einfachheit halber gleich selber formulierte: »Warum fahren wir eigentlich nicht öfter hier durch?«
Die Ostwestfalen hätten wohl nichts dagegen, obwohl viele eher aus Neugier auf das Spektakel in die Innenstädte oder an die Strecke gekommen waren. Als Beleg für eine besondere Glaubwürdigkeit des Radsports in der Region sollten die Verantwortlichen den Zuspruch lieber nicht werten.
2. Etappe, Minden - Goslar (181,5 km):
1. Voigt 4:22:25 Std.; 2. Rebellin; 3. Kaschetschkin alle gleiche Zeit; 4. Zabel + 0:04 Min.; ...8. Schumacher; 18. Gusew, 19. Gerdemann; 32. Sinkewitz alle gleiche Zeit
Gesamtwertung: 1. Gusew 9:12:17 Std.; 2. Gerdemann + 0:01 Min.; 3. Rebellin + 0:07; 4. Lopez de Castro + 0:10; 5. Voigt + 0:11; 6. Winokourow gleiche Zeit; 7. Zabel + 0:12

Artikel vom 04.08.2006