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Israel: Kana war Versehen

Luftangriffe gehen weiter - Islamische Länder fordern Waffenruhe

Beirut/Jerusalem (dpa/Reuters). Israel hat die Bombardierung des libanesischen Dorfes Kana in einer Untersuchung, die gestern veröffentlicht wurde, als Versehen bezeichnet. Unterdessen ging der Libanonkrieg mit zahlreichen israelischen Luftangriffen und fortgesetztem Raketenbeschuss durch die Hisbollah-Milizen in den 23. Tag.
»Die Infrastruktur der Hisbollah ist fast vollständig zerstört«: Israels Ministerpräsident Ehud Olmert.
Die Armee hätte das Gebäude in Kana nicht angegriffen, wenn sie von den Zivilisten darin gewusst hätte, heißt es in dem Bericht. Zugleich wurde die Hisbollah-Miliz von Generalstabschef Dan Haluz beschuldigt, Zivilisten als menschliche Schutzschilde zu missbrauchen. »Die Hisbollah platziert libanesische Zivilisten als Schutzschild zwischen sich selbst und uns, während die Armee sich selbst als Schutzschild zwischen die Bürger Israels und den Terror der Hisbollah stellt. Das ist der größte Unterschied.«
Bei dem verheerenden israelischen Luftangriff auf ein dreistöckiges Wohnhaus in Kana sind offenbar weniger Zivilisten getötet worden als zunächst angegeben. Nachdem das Krankenhaus der nahe gelegenen Stadt Tyrus die Zahl der Opfer am Wochenende mit 56 angeben hatte, korrigierte ein Sprecher gestern diese Zahl nach unten. Danach wurden 28 Tote in die Klinik gebracht, darunter 16 Kinder.
Die israelische Armee sprach von mehr als 120 Zielen, die gestern in Libanon angegriffen worden seien. Bei Gefechten mit Hisbollah-Kämpfern im Südlibanon seien 35 Milizionäre getötet worden. Die Hisbollah feuerte ihrerseits wieder zwei Dutzend Raketen auf israelisches Territorium. Neun Israelis starben.
Israels Ministerpräsident Ehud Olmert sieht sein Land im Libanon-Krieg fast am Ziel. Er deutete in einem Interview gestern aber eine Fortsetzung der Kämpfe in der kommenden Woche an. Am Ende der israelischen Offensive werde eine neue Formel für die Machtbalance im Nahen Osten stehen. Die feindliche Schiiten-Miliz werde es sich danach »drei Mal« überlegen, ob sie Israel noch einmal von Libanon aus angreife.
Die Organisation der Islamischen Konferenz, der 57 islamische Staaten angehören, hat sich auf einem Krisentreffen in der malaysischen Hauptstadt Kuala Lumpur für eine sofortige Waffenruhe eingesetzt. Sie forderte die Vereinten Nationen zu schnellem Handeln auf. In einer Erklärung wurde die »fortdauernde israelische Aggression« verurteilt.
Insgesamt starben in Libanon durch israelische Angriffe 640 Menschen, der libanesische Ministerpräsident sprach gestern sogar von 900 Toten. Die meisten der Opfer waren Zivilisten.

Artikel vom 04.08.2006