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Volksweisheit aus Holland

»Die Fehler
der Großen sind
nicht klein.«

Leitartikel
Sonderbare Begriffswechsel

»Migration«
mit
Hintergrund


Von Rolf Dressler
Deutschland und die Deutschen sind erfrischend aufgelebt in diesem Super-Sonne-Sommer 2006 - allein schon wegen des anhaltend wunderschönen Mittelmeer-Wetters. Und natürlich auf der beispiellosen Begeisterungswelle der Welt-Festspiele um seine Majestät König Fußball.
Aus ganz anderen Gründen aber dürfte die wochenlange Hochstimmung vielen Politikschaffenden - und keineswegs nur den Fußballanhängern unter ihnen - besonders zupass gekommen sein: Denn während dieser herrlich unbeschwerten Zeit hatte das fußballselige Bürgervolk naturgemäß weder Augen noch Ohren für die gewohnt beschwerlichen Alltagsprobleme.
Praktisch unbeachtet blieb daher auch die verdächtig lapidare, aber seit langem mehr als überfällige statistik-amtliche Mitteilung, dass Deutschland inzwischen schon 15,3 Millionen Menschen fremder Staatsangehörigkeit bzw. ausländischer Herkunft beherbergt. 15,3 Millionen also. Dabei hatte uns die Politik, quer durch alle Parteien und Regierungen, doch stets eisern etwas von angeblich 7,3 Millionen vorgegaukelt, nein, vorgeschwindelt.
Nun plötzlich aber klärte sich das Mysterium völlig überraschend. Nur: Warum wohl und von wem veranlasst durchbrach erst die europäische Bevölkerungsbefragung 2005 das große Schweigekartell um die sage und schreibe acht Millionen »unsichtbaren Eingewanderten« speziell hier bei uns in Deutschland? Weshalb bricht erst heute die Vernebelungsmauer um diejenigen, die zusätzlich zu den stereotyp immer wieder genannten 7,3 Millionen zu Buche stehen - als voll zu versorgende Asylsuchende, Wirtschaftsflüchtlinge, Kriegs- und Bürgerkriegsopfer, politisch Verfolgte, Familiennachzügler, Arbeitsuchende etc.?
Die Antwort verweigert das Ver- schweiger-Kartell uns Bürgern und Steuerzahlern tunlichst. Denn dann müsste man ja eingestehen, dass es ein Leichtes gewesen wäre, bei der schon seit 1957 (!) alljährlichen Europa-Erhebung mit jeweils 830000 Personen in 390000 Privathaushalten einschließlich der hiesigen »Kleinen Volkszählung« längst auch den Ausländeranteil in Deutschland zu ermitteln.
Das aber war und ist von der herrschenden Politik offenbar nicht gewollt, obwohl solche Informationen abgewogen kluges politisches Handeln überhaupt erst ermöglichen.
Wundersamerweise indes ist nun urplötzlich kaum mehr von »Ausländern« die Rede, sondern von »Migranten« und von »Menschen mit Migrationshintergrund«. Selbst auf den Sprachgebrauch vieler Behörden schlagen derlei unwort-verdächtige Begriffsschöpfungen bereits durch. »Das Kind hat einen Migrationshintergrund« - so klingt auch das Grünen-Deutsch á la Hans-Christian Ströbele, Claudia Roth & Co.
Je nach Ideologen-Blickwinkel und Argumentationslage fehlt dazu eigentlich nur noch der »Deutsch-Kurde« (oder »Deutschkurde«?) oder, wie etwa in dem noch immer völlig ungeklärten Überfall-Fall von Potsdam am Ostersamstag 2006, die Bezeichnung des vermeintlichen Tatopfers als »Deutsch-Äthiopier« (oder »Deutschäthiopier«?) - obwohl die Betreffenden laut Pass deutsche Staatsbürger sind.

Artikel vom 03.08.2006