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»Fluch der Karibik 2«:
Kaperfahrt durchs Kino

Piratenparodie mit Star-Besetzung füllt die Kassen

Von Dietmar Kemper
Bielefeld (WB). Der »Fluch der Karibik« ist ein Segen für den Produzenten Disney und die Kino-Betreiber. Teil zwei der Piraten-Geschichte mit Johnny Depp als Kapitän Jack Sparrow lockte am ersten Wochenende in Deutschland 1,92 Millionen Zuschauer in die Kinos.

Damit wurden die Charts auf Anhieb geentert. In den USA schwimmt der Film seit vier Wochen auf der Erfolgswelle und ist mit Einnahmen von 358,4 Millionen Dollar schon jetzt die Nummer 11 der einträglichsten Filme aller Zeiten. Dabei galt das Genre Piratenfilm als tot. »Hollywood hat seit 20 Jahren immer wieder erfolglos versucht, Seeräuberfilme zu platzieren - erst jetzt ist das mit dem ÝFluch der KaribikÜ gelungen«, sagte Kenneth Knabe von der Filmzeitschrift »Cinema« dieser Zeitung. Die Starbesetzung mit Johnny Depp, Keira Knightley und Orlando Bloom sowie der »spielerische Umgang mit der Figur des Piraten« machen für ihn das Erfolgsgeheimnis des Streifens aus.
2003 begann die Kaperfahrt durch die Kinos: »Fluch der Karibik« spielte 650 Millionen Dollar ein. Trunkenbold Jack Sparrow entsprach so gar nicht dem Klischee des Piraten: der Kapitän ohne eigenes Schiff wirkte auf den ersten Blick wie eine Parodie. Statt mit Entermesser und Wagemut glänzte er mit Charme und Gewitztheit. Seine ungelenken Bewegungen erinnerten an Keith Richards, den Gitarristen der Rolling Stones. Die leicht gruselige Geschichte um Piraten, die so lange zur Unsterblichkeit verdammt sind, bis das letzte Stück eines Schatzes gefunden ist, traf den Geschmack des Publikums.
Im zweiten Teil kämpft Sparow gegen den Kapitän des Fliegenden Holländers. Außerdem werden seine Freunde Will und Elizabeth verhaftet. Die Zuschauer erleben zwar ein wenig tiefgründiges, aber dafür effektgeladenes Abenteuerkino mit Seeschlachten und Fechtduellen vom Feinsten. Mit »Der schwarze Pirat« begann 1926 die Geschichte ernst zu nehmender Seeräuberfilme. Höhepunkt waren die 40er- und 50er Jahre mit Streifen wie »Der Herr der sieben Meere« (1940) mit Eroll Flynn oder »Der rote Korsar« (1952) mit Burt Lancaster in der Hauptrolle.
»In diesen Filmen wird der Pirat romantisiert«, betont Winfried Günther vom Deutschen Filminstitut in Frankfurt. Regisseure hätten oft spanische Gouverneure als Schurken hingestellt, die die Kolonien auspressten und die Schätze Richtung Heimat verschifften. »Piraten überfallen noch schlimmere Banditen«, fasste Günther im Gespräch mit dieser Zeitung die Logik von Hollywood zusammen. Sind Piratenfilme Western auf See? »In gewisser Weise ja, denn Freiheit und Abenteuer bilden auch bei ihnen den roten Faden«, meint Günther. Dass es sehr viel mehr Western als Seeräuber-Schinken gibt, habe einen einfachen Grund: »Piratenfilme sind teuer in der Herstellung - Seeschlachten müssen aufwändig inszeniert werden.«
Während Eroll Flynn, Douglas Fairbanks oder Burt Lancaster Piraten romantisierten, parodiert Johnny Depp sie. Wie der »Schuh des Manitu« von Bully Herbig bewies, sind Parodien in Deutschland »in«. Als »Der Fluch der Karibik 2« am letzten Wochenende zwischen Flensburg und Garmisch anlief, wurde auch der erste Teil noch mal aufgelegt und landete prompt mit 93 930 Besuchern auf Platz 4. Deutschland ist im Piraten-Fieber, und das wird sich im nächsten Jahr wiederholen. Im Mai 2007 soll »Fluch der Karibik 3« anlaufen.

Artikel vom 03.08.2006