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Schweineherde begrüßt die Hochzeiter

Familie Meise steuert historisches Foto zur Ausstellung über Geschichte des Johannesstifts bei

Schildesche (WB/gge). Manchmal hilft der Zufall. Die Historische Sammlung des Evangelischen Johanneswerks im Volkening-Haus auf dem Gelände des Johannesstifts in Schildesche ist um eine Rarität reicher - um das Foto eines Hochzeitspaares inmitten einer Schweineherde.

Das »tierisch viele Glück« war Erich und Erika Heine, geborene Meise, beschieden, als sie vor knapp 60 Jahren nach der Trauung aus der Kreuzkirche kamen. Mitsamt der Hochzeitsgäste sah sich das Paar von grunzenden Borstenviechern umgeben. Damals gab es auf dem Johannesstiftsgelände noch eine eigene Landwirtschaft und Viehzucht mit 150 Schweinen und mehr als 20 Kühen.
»Ich erinnere mich noch daran, dass meine Tante, die von allen Mariechen genannt wurde, die Schweine nachmittags von der Wiese in den Stall trieb«, erzählt Wolfgang Meise, der auf dem denkwürdigen Foto als kleiner Junge zu sehen ist. Am Tage der Vermählung hatten sich die Schweine offenbar selbständig gemacht oder wollten ihrer Hüterin vielleicht nur mal gratulieren.
Wolfgang Meise, dessen Familie seit 120 Jahren an der Beckhausstraße ein Gardinengeschäft führt, half dem Johanneswerk spontan mit einer Spende, um die Historische Sammlung optisch in Szene zu setzen. Beim ersten Rundgang durch die Ausstellung fiel dem 63-Jährigen auch wieder die Geschichte mit den Schweinen ein. Zu Hause wurde Mutter Else (93) aktiv, kramte in alten Kisten und wurde schließlich im Schrank des Gästezimmers fündig.
»Ich habe den Kasten mit den alten Fotos mindestens zehn Jahre lang nicht angerührt«, sagte die Seniorin gestern dem WESTFALEN-BLATT. Die Geschichte von der »Schweinehochzeit« indes erzählte man sich immer wieder gern. »Denn das war eine Hochzeit mit noch mehr drolligen Sachen«, erinnert sich Else Meise. »Erst sang der Schwiegervater beim Solo der Schwägerin als einziger tüchtig mit, weil er so schlecht hörte. Und dann hat der Bräutigam so laut ÝJaÜ gesagt, dass der Pastor vor Schreck einen Schritt zurückwich.«
Die Kirche, in der alles geschah, war nicht immer ein Gotteshaus. 1904 wurde hier eine Turnhalle für die Kinder und Jugendlichen der Rettungshäuser im Johannesstift gebaut. Erst 1936 erfolgte für die Johannesstiftsgemeinde der Umbau mit Kirchfenstern, Orgel und Glockenstuhl. 1954 benannte sich die Johannesstiftsgemeinde in Kreuzkirchengemeinde um. Einige Jahre später zog sie an die Schildescher Straße. Heute wird die ehemalige Kirche am Johannesstift vom Evangelischen Krankenhaus Bielefeld (EvKB) zur Beschäftigungstherapie und von der Malerei des Johanneswerks genutzt.
Die Historische Sammlung kann von interessierten Gruppen nach telefonischer Anmeldung unter 8 01 25 66 besichtigt werden.

Artikel vom 03.08.2006