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Leistungsfähiger Forst ist das Ziel

WESTFALEN-BLATT-Serie Folge 6 - Heute: Die Entwicklung vom Hoch- zum Naturwald

Bielefeld (gge). Volker Brekenkamp ist als Abteilungsleiter Forsten beim Umweltbetrieb der Stadt Bielefeld für rund 1850 Hektar Stadt- und 300 Hektar Stadtwerke-Wald zuständig. Für das WESTFALEN-BLATT hat der 54-jährige Diplom-Forstingenieur und Leiter des Tierparks Olderdissen die Geschichte des Bielefelder Stadtwaldes auch unter Berücksichtigung der Hege und Pflege des heimischen Wildes aufgearbeitet. Lesen Sie heute Folge 6 unserer Serie »Wald und Wild in Bielefeld«.

Die Verfassung der Bestände war im Augenblick der Besitzübernahme (es handelte sich ausschließlich um Bauernwald) wenig erfreulich. Durch intensive Pflege seitens der Stadt entwickelten sich gesunde und wertvolle Waldbestände. Die während des letzten Krieges und der Nachkriegszeit durch Holzumlagen und Diebstahl dem Wald zugefügten Wunden sind durch Wiederaufforstungen und Pflege der Bestände bereits geheilt. Die Holzvorräte wurden bis zum letzten Krieg ängstlich gehütet und fast nur Vertrocknung sowie Windwurf aufgearbeitet. Zudem forstete die Stadt verschiedene Ackerflächen auf.
Bei der Holzartenverteilung überwiegt das Laubholz. Am meisten vertreten ist die Buche. Das heute vorhandene Nadelholz ist künstlich eingebracht.
Sämtliche Flächen wurden bis vor wenigen Jahren als Hochwald bewirtschaftet. Diese Hochwaldbewirtschaftung hat sich als kalamitätsanfällig und letztlich auch als unökonomisch erwiesen, zumindest langfristig. Ziel der jetzigen Bewirtschaftung ist es, ökologisch stabile und leistungsstarke Wälder zu schaffen, die ihre vielfältigen Funktionen auf Dauer erfüllen können. Hieraus ergab sich für die städtischen Förster zwangsläufig die allmähliche Umstellung des Betriebes zu naturnahen Waldbaumethoden, die sich am Naturwald orientieren. Zum Aufbau dieser mehrschichtigen und ungleichaltrigen Mischbestände wird die Selbsttätigkeit der natürlichen Wachstumsabläufe genutzt. Das Gelingen dieser Ziele ist weitgehend geknüpft an die waldbauliche Vorgehensweise wie zum Beispiel der Verzicht auf Kahlschläge, Umwandlung von nicht standortgerechten Nadelholzbeständen, der Verzicht auf Pestizide und so weiter.
So wurde weiterhin am »Kahlen Berg« ein Waldkomplex von 25,4 Hektar als »Naturwald« ausgewiesen (überwiegend Buchenaltholzbestände zwischen 151 und 173 Jahren), und damit völlig aus der forstlichen Bewirtschaftung herausgenommen, um der Bevölkerung zu zeigen, wie sich ein naturnaher Wald ohne menschliche Eingriffe entwickelt.
Als forstgeschichtlich wertvoller Waldbestand kann der durchwachsene Niederwald in Brackwede am Frölenberg angesehen werden. Dieser aus Stockausschlag entstandene, jetzt 67-jährige Buchen-Erlen-Hainbuchen-Mischbestand wird seit vier Jahren in die Bewirtschaftungsform des Niederwaldes zurückgeführt. Je nach Zweckbestimmung diente früher der Niederwald zur Gewinnung von Brennholz, Gerbrinde, Rebpfählen und Ruten für die Korbflechterei. Neben diesen waldbaulichen Besonderheiten hat der Bielefelder Stadtwald verschiedene kulturhistorische Objekte aufzuweisen. So befindet sich auf dem Bußberg (Kirchdornberg) eine mittelalterliche Vierecksschanze (Schwedenschanze), nördlich des Hofes Meyer zu Selhausen liegen zwei Hügelgräber. Archäologische Ausgrabungen Anfang der neunziger Jahre legten in der Nähe Brands Busch Wachtürme aus der römischen Zeit frei. Und nicht zuletzt sind die Ringwälle der ehemaligen Wallburg »Hühnenburg« (heute Fernsehturm) zu nennen.
Lesen Sie Freitag, 25. August, die 7. Folge unserer Serie »Wald und Wild in Bielefeld. Thema dann: Die Anfänge der Waldbeforstung.

Artikel vom 22.08.2006