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Reh »Lisa« legte Grundstein
für den Tierpark Olderdissen

WESTFALEN-BLATT-Serie »Wald und Wild« - Folge 16

Bielefeld (gge). Volker Brekenkamp ist als Abteilungsleiter Forsten beim Umweltbetrieb der Stadt Bielefeld für rund 1850 Hektar Stadt- und 300 Hektar Stadtwerke-Wald zuständig. Für das WESTFALEN-BLATT hat der 54-jährige Diplom-Forstingenieur und Leiter des Tierparks Olderdissen die Geschichte des Bielefelder Stadtwaldes auch unter Berücksichtigung der Hege und Pflege des heimischen Wildes zur Serie »Wald und Wild in Bielefeld« aufgearbeitet.

Es fing alles an mit einem Rehkitz, das Stadtförster Wilhelm Hornberg im Jahre 1929 von einem Pirschgang kommend mit nach Hause brachte. Hornbergs Frau übernahm die aufwändige Betreuung des geschwächten Tieres und zog es mit der Flasche groß. »Lisa«, so taufte man den Pflegling, gedieh so gut, dass die Hornbergs eines Tages vor der Entscheidung standen, für das Reh eine geeignete Bleibe zu finden. Ein Zurücksetzen in die Natur schloss man aus, da der Zögling zu sehr an den Menschen gewöhnt war.
Aus dieser Situation heraus wurde die Idee geboren, für die Bielefelder einen Tierpark aufzubauen. Dabei stand immer der Gedanke im Vordergrund, einen Heimattierpark zu schaffen. Nicht ein Zoo großen Stils und im üblichen Sinne sollte hier entstehen, sondern vielmehr ein Erholungspark für die Bevölkerung, in dem auch Schulklassen praktischen Anschauungsunterricht an Gehegen und Volieren betreiben konnten. Vor allem aber sollten die Kinder die Tiere ihrer Märchen kennen lernen, denn Reh, Fuchs, Iltis und Wildschwein waren schon damals so manchem Großstadtkind fremd.
Große Unterstützung fand die Idee durch den damaligen Gartendirektor Meyerkamp, der den Rat der Stadt von deren grundlegender Bedeutung überzeugen konnte. Im Jahr 1930 beschloss der Rat, einen Heimattierpark in, oder wie es auch heißt »auf« Olderdissen entstehen zu lassen.
Mit den bescheidensten Mitteln musste man sich anfangs behelfen. Erstaunlich war es, wie gut die aufgestellten Spendendosen gefüllt waren; ein Zeichen dafür, wie dankbar die Bielefelder Bürger die Initiative aufnahmen. Anregungen holten sich Hornberg und seine Helfer aus Osnabrück, wo damals schon ein Heimattierpark existierte. Auf dem Gelände des jahrhundertealten Meierhofes Olderdissen entstand so in einem stillen Seitental des Johannistales zwischen dem Kahlenberg und dem Jostberg allmählich der Heimattierpark Olderdissen.
Aller Anfang ist bekanntlich schwer. Der bereits damals unternommene Versuch, frei lebende Störche anzusiedeln, scheiterte. So wurden vier Jungstörche, die von der Vogelwarte Rositten durch Ringe gekennzeichnet waren, am sechsten Juli 1935 in ein auf der Scheune des Meierhofes Olderdissen eingerichtetes Nest gesetzt und regelmäßig gefüttert. Am 31. Juli des selben Jahres erfolgte der erste Ausflug . Alle vier Störche verließen fortan das Nest und landeten häufig bei den im Gehege untergebrachten Artgenossen.
Das Verhängnis nahm nun leider seinen Lauf. Am 23. August 1935 wurde ein Storch durch ein Auto angefahren und getötet. Zwei weitere Störche kehrten am 28. August von ihrem Ausflug nicht wieder zum Nest zurück und am 23. September verschwand auch der letzte Storch. Die Erwartungen, dass sich die Störche im nächsten Sommer wieder einfinden würden, erfüllten sich nicht. Das damalige Konzept ging trotz anfänglicher Schwierigkeiten auf.
Folge 17 lesen Sie am kommenden Freitag, 29. September.

Artikel vom 26.09.2006