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So ist's recht, liebe Nachbarn

Für Bauarbeiten am eigenen Haus ist das Grundstück nebenan nicht tabu

Hammerschlagsrecht, Leiterrecht, Fensterrecht - das sind Begriffe, die zum Nachbarschaftsrecht gehören. So antiquiert sie auch klingen, so aktuell sind die Auseinandersetzungen, die mittels dieser gesetzlichen Bestimmungen geschlichtet werden müssen.»Duldungspflichten« können das gute nachbarschaftliche Verhältnis auf eine harte Probe stellen. Der Grund: Bauarbeiten, für die das Grundstück nebenan genutzt werden muss.
Das Hammerschlagsrecht regelt das Betreten des Nachbargrundstücks, um von dort Arbeiten an einem Gebäude auf dem eigenen Grund und Boden auszuführen. Das Leiterrecht beschreibt das Recht, eine Leiter oder ein Gerüst auf dem nachbarlichen Gelände abzustellen - zum gleichen Zweck. Denn manchmal ist es schwierig, Reparatur- oder Bauarbeiten vom eigenen Grundstück aus zu erledigen. So müsste sich ein Bauherr beim Verputzen einer Grenzwand beispielsweise von seinem eigenen Gebäude abseilen, um an die betreffende Stelle überhaupt heran zu kommen. Einen derartigen Aufwand mutet das Nachbarschaftsrecht niemandem zu. Gleichzeitig sind aber auch die Interessen des Nachbarn zu wahren, der entlang der Grundstücksgrenze vielleicht einen Ziergarten angelegt hat und keinesfalls möchte, dass dieser während der Bau- oder Reparaturarbeiten beschädigt wird. Die Lösung liegt in der Auslegung des Begriffs »nachbarschaftliches Gemeinschaftsverhältnis«. Immerhin bedeutet das Betreten des Grundstücks nebenan einen Eingriff in das Eigentumsrecht des Nachbarn.
Zwar darf der Bauherr das fremde Terrain zum Materialtransport oder für Gerüst und Leiter benutzen, muss dabei aber schonend vorgehen und etwaige Schäden ersetzen. »Schonend« bedeutet zügig zu arbeiten und zu angemessenen Zeiten - also nicht spät abends, mittags oder sonntags. Auch muss der Bauherr seine Absichten zuvor mitteilen. Das fremde Grundstück einfach betreten, darf er nicht. Sperrt sich der Nachbar, kann der Bauweillige die Zustimmung zur Inanspruchnahme des Grundstücks einklagen.
Unmittelbar mit Grenzabständen von Gebäuden hat das Fensterrecht zu tun. Es besagt, dass ein Grundstückseigentümer Fenster in eine dem Nachbarn zugewandte Außenwand seines Gebäudes einbauen darf. Die damit unter Umständen verbundene Möglichkeit, das Nachbargrundstück sehr genau überblicken zu können, stößt häufig auf den Unmut der dort lebenden Bewohner. Daher schreibt das Recht hier vor, dass der Bauherr mit diesen so genannten »Ausblick gewährenden Anlagen« von der Grundstücksgrenze einen Mindestabstand zu wahren hat. Der wiederum ist in den Landesgesetzen unterschiedlich geregelt und beträgt 0,6 bis drei Meter. Wer näher an die Grenze heranbauen will, benötigt eine schriftliche Einwilligung des Nachbarn.

Artikel vom 19.08.2006