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Kommissar Tauber als Beichtvater

Münchener »Polizeiruf 110« ermittelt in der Welt des Frauenschachers


ARD, Sonntag, 20.15 Uhr: Schon einmal hatte sich Regisseur Dominik Graf filmisch in der Welt der Bordells getummelt: »Hotte im Paradies« war ein recht romantischer Blick aufs Milieu. Diesmal ist es anders: »Er sollte tot«, die jüngste »Polizeiruf 110«-Folge aus München, zeigt die Welt des Frauenschachers und der käuflichen Liebe in aller Schäbigkeit.
Das Mädchen Maria soll sich an ältere, einsame Männer heranpirschen, ihnen Zuwendung, Anteilnahme und Hilfsbereitschaft versprechen - und sie dabei nach Kräften ausnehmen, mit immer neuen rührenden Geschichten als Vorwand. Mal ist die Mutter krank, mal will sich die arme Kleine aus dem Bordell freikaufen. Das Spiel funktioniert - bis einer der Freier tot am Boden liegt. Wurde der Mann von dem Mädchen ermordet oder in ihrem Auftrag von einem gedungenen Killer? Wer hat die Weisung »soll tot« gegeben? Autor Rolf Basedow lehnte sich bei der Geschichte eng an einen wahren Fall an.
Recht ungewöhnlich ist die Zurückhaltung des Ermittlerteams für einen »Polizeiruf 110«-Krimi: Michaela May als Kommissarin Jo Obermeier hat kaum etwas zu tun, Edgar Selge, der einarmige Ermittler Tauber, bleibt weithin stumm. Er ist ganz der Vernehmer, ein wenig auch der Beichtvater für das Mädchen Maria, das dort stotternd, stammelnd ihre armselige Lebensbeichte von sich gibt.
Als Maria spielt Rosalie Thomass, gerade 19 Jahre alt, zum dritten Mal in einem Film. Vom eigenen Typ wirkt die Schauspielerin mehr als »höhere Tochter«. Umso verblüffender ist es, wie genau sie den Ton schuldiger Unschuld trifft. Für den Krimi wurde der frischgebackenen Abiturientin, die zunächst einmal eine gute Schauspielschule besuchen will (»Ich weiß, wie viel ich noch zu lernen habe«), der Förderpreis des Deutschen Filmpreises zugesprochen.
Michaela May will übrigens auch nach dem Ausscheiden ihres Filmpartners Selge im »Polizeiruf 110« weitermachen. Sie wolle die Rolle der Fernsehkommissarin Jo Obermaier gerne weiterspielen, sagte die 54-Jährige. Die Figur sei »kräftig, bodenständig und auch überraschend«. Selge hat seinen Rückzug aus der Serie für die Zeit nach 2008 angekündigt.

Artikel vom 05.08.2006