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Auf Kahlschläge in
jedem Fall verzichten

WESTFALEN-BLATT-Serie »Wald & Wild« - Folge 18

Bielefeld (gge). Volker Brekenkamp ist als Abteilungsleiter Forsten beim Umweltbetrieb der Stadt Bielefeld für rund 1850 Hektar Stadt- und 300 Hektar Stadtwerke-Wald zuständig. Für das WESTFALEN-BLATT hat der 54-jährige Diplom-Forstingenieur und Leiter des Tierparks Olderdissen die Geschichte des Bielefelder Stadtwaldes auch unter Berücksichtigung der Hege und Pflege des heimischen Wildes zur Serie »Wald und Wild in Bielefeld« aufgearbeitet.

Die Schaffung, Erhaltung und Bewirtschaftung ökologisch stabiler und leistungsstarker Wälder, die ihre vielfältigen Funktionen auf Dauer erfüllen können, sollte Ziel der zukünftigen Bewirtschaftung des Stadtwaldes sein. Hieraus ergibt sich zwangsläufig die Umstellung des Betriebes zu naturnahen Waldbau-Methoden, die sich an Entwicklungsmodellen des Naturwaldes orientieren. Dazu ist es notwendig, den typischen Altersklassenwald aufzugeben und durch Weiterentwicklung zu Formen der naturnahen Bewirtschaftung zu gelangen. Der Übergang ist nicht abrupt, sondern fließend.
Zum Aufbau dieser mehrschichtigen und ungleichaltrigen Mischbestände wird die Selbsttätigkeit der Wachstumsabläufe genutzt. Hauptentwicklungsziele sind:
1. Erhaltung und Vermehrung von natürlichen Laubwald-Ökosystemen.
2. Entwicklung nicht naturnaher Bestände zu naturnahen Wäldern.
3. Entwicklung naturnaher Bestandsstrukturen mit Dauerwaldcharakter und hoher Stabilität.
4. Entwicklung und Erhalt wertvoller Altholzbestände.
5. Entwicklung strukturreicher Waldränder.
6. Schutz und Erhalt seltener, wertvoller oder gefährdeter Waldbiotope und Kleinstrukturen.
7. Erhalt landschafts-und forstgeschichtlicher sowie kulturhistorischer Besonderheiten.
Das Gelingen ist weitgehend geknüpft an die Einhaltung wesentlicher Grundsätze:
Bei jeglichem waldbaulichen Vorgehen sind die Standortverhältnisse (Grundgestein, Boden, Klima, Wasserhaushalt) richtungsweisend. Langfristig wäre für die Bielefelder Stadtwaldungen eine Standortkartierung von erheblichem Vorteil.
Auf Kahlschläge ist grundsätzlich zu verzichten. Um sich der Form des Naturwaldes zu nähern, sind naturnahe Waldbau-Methoden wie Plenterung (zur stetigen Verjüngung) zu wählen. Die Nutzung ist als Mittel der Pflege und Walderneuerung zu betrachten. In diesem Bestreben werden gemischte, mehrstufige Bestände geschaffen. Die Verjüngung der entstehenden Blößen erfolgt weitgehend auf natürlichem Weg unter dem Schirm des Altholzes in möglichst ausgedehnten Verjüngungszeiträumen.
Bei der Entnahme der Einzelstämme ist nach der Zielstärke zu gehen, die bei dem großen Standortspektrum im Bielefelder Stadtwald standortabhängig ist. Maßgeblich bei der Einzelbaumnutzung sind die Eigenschaften der Bäume (Gesundheit, Wuchskraft, Seltenheit etc.) und ihre Funktion im Bestandsgefüge (Wertträger, Schattenspender, Samenbaum, Erntebaum u. a.). Jeder Einzelbaum ist Träger eines bestimmten Ertragsvolumens und damit auch kleinste Nutzungseinheit.
Folge 19 lesen Sie am Freitag, 6. Oktober.

Artikel vom 03.10.2006