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Nur die Eichen trotzten Dieben

WESTFALEN-BLATT-Serie »Wald und Wild« - Folge 2: Alte Flurnamen

Bielefeld (gge). »Holz ist nur ein einsilbiges Wort, aber dahinter verbirgt sich eine Welt voller Schönheit und Wunder.« Diese Worte des ersten Bundespräsidenten (1949-1959) der Bundespublik Deutschland, Theodor Heuss (*1884, gest. 1963), zieren - leicht verändert - in Birke geschnitzt den Eingang zum Arbeitsplatz von Volker Brekenkamp. Dass der 54-jährige Leiter des Heimat-Tierparks Olderdissen als Abteilungsleiter Forsten beim Umweltbetrieb der Stadt Bielefeld auch für rund 1850 Hektar Stadt- und 300 Hektar Stadtwerke-Wald zuständig ist, wissen die wenigsten. Für das WESTFALEN-BLATT hat der Diplom-Forstingenieur und Jäger die Geschichte des Bielefelder Stadtwaldes auch unter Berücksichtigung der Hege und Pflege des heimischen Wildes aufgearbeitet. Lesen Sie heute Teil 2 unserer neuen Serie »Wald und Wild in Bielefeld«.

Historisch interessant und wertvoll ist es, wenn die alten Flurnamen, vielleicht durch Bezeichnung in der Revierkarte, der Nachwelt erhalten bleiben. Wer kennt noch die Namen Schwarze Brede, Padbrede, Brunnsick, Wulbrede, Wulbredegrund, Alhornbrink, Groß- und Kleintiefschlingen, Herzsegge, Lehmbrink, Stöhnebrink, Tilkebusch, Armeschlicht?
Von den nach der Stadtseite dem Meierhof Olderdissen am Kahlenberg vorgelagerten Besitzungen wurden Wiegand im Jahre 1907 und Drexhage im Jahre 1913 erworben. Ein Teil des Besitzes Drexhage ist heute Botanischer Garten. Die Grenzen Olderdissen, Wiegand und Drexhage stoßen auf dem Kahlenberge, auf dem kleinen Sattel am großen Grenzstein, zusammen.
Zur Begradigung der Grenzen und um eine Verbindung zum Haller Weg (Anfang Napoleonsweg) zu schaffen, wurde Hof Richter (früher Laux) auf dem Kamm östlich des Hofes ein 20 Meter breiter Streifen (mit alten Buchenstockausschlägen Beständen), angekauft.
Der Willhöhner'sche Hof, damals noch nach Großdornberg gehörend, wurde 1927 angekauft. Dazu gehören die heutige Siedlung Wellensiek mit Parkwäldchen und eine Kahlfläche, angrenzend an den Besitz der Donnerburg.
Der Rottmann'sche Hof, heute Siedlung, wurde um 1930 erworben. Der dazugehörige Waldbesitz, etwa 1 Hektar guter 70-jähriger Eichen-, Buchen- und Lärchenbestand, wurde 1945 in den ersten Tagen nach dem Einmarsch alliierter Streitkräfte fast restlos gestohlen, nur einige starke Eichen waren geblieben. Von der Firma Gunst wurde um 1925 der Besitz mit Parkwäldchen an der Jöllenbecker Straße angekauft. Ein langwieriger Wasserprozess mit der Stadt war dem Geschäft vorangegangen.
Im Jahre 1895 erwarb die Stadt den Eberg, ein kahler Höhenzug, in den Gemeinden Brackwede, Senne I und Lämershagen gelegen. Der untere Südhang war lückenhaft in etwa 50 Meter Tiefe mit etwa 70-jährigen Buchen, Kiefern und Fichten bestockt. Nach dem ersten Weltkrieg wurde dieser Bestand durch Diebstahl stark geplündert. Gegen Hunderte von Holzdieben, welche der damalige Oberförster Hornberg dort antraf, war er machtlos. Ausreichend Polizeibeamte wurden ihm nicht zur Verfügung gestellt. Die Stadt sah sich daher gezwungen, den verbliebenen Bestand schnellstens selbst zu nutzen. Das Nutzholz wurde sofort abgefahren und zur Herrichtung der Kriegerheimstätten in Senne I verwendet. Im Jahre 1920 forstete man die Fläche als so genannte Notstandsarbeit wieder mit Fichten auf.
Um das Jahr 1905 wurde das am Südhang der Sparrenburgpromenade gelegene Freudental mit etwa 1 Hektar Waldfläche angekauft und am 18. Oktober 1913 zur Erinnerung an die hundertjährige Wiederkehr des Tages der Völkerschlacht bei Leipzig von der Schuljugend mit Fichten bepflanzt (Oktoberwald). Im Anschluss daran wurde auf den »sieben Hügeln« ein gewaltiger Holzstoß abgerannt.
Lesen Sie Freitag, 11. August, die 3. Folge unserer Serie. Das Thema dann: Warum die Stadt ein Waldgeschenk abgelehnt hat.

Artikel vom 08.08.2006