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Grün gegen Bares: Stadt
hilft Windel aus der Krise

WESTFALEN-BLATT-Serie - 5. Folge: Holz und Wirtschaft

Bielefeld (gge). »Holz ist nur ein einsilbiges Wort, aber dahinter verbirgt sich eine Welt voller Schönheit und Wunder.« Diese Worte des ersten Bundespräsidenten (1949-1959) der Bundespublik Deutschland, Theodor Heuss (*1884, gest. 1963), zieren - leicht verändert - in Birke geschnitzt den Eingang zum Arbeitsplatz von Volker Brekenkamp.

Dass der 54-jährige Leiter des Heimat-Tierparks Olderdissen als Abteilungsleiter Forsten beim Umweltbetrieb der Stadt Bielefeld auch für rund 1850 Hektar Stadt- und 300 Hektar Stadtwerke-Wald zuständig ist, wissen die wenigsten. Für das WESTFALEN-BLATT hat der Diplomforstingenieur und Jäger die Geschichte des Bielefelder Stadtwaldes auch unter Berücksichtigung der Hege und Pflege des heimischen Wildes aufgearbeitet. Lesen Sie heute Teil 4 unserer Serie »Wald und Wild in Bielefeld«.
Seit Anfang der 1970er bis Ende der 1980er Jahre hat sich die Gesamtwaldfläche durch Ankäufe, die kommunale Neuordnung und durch einen Tausch mit den Stadtwerken Bielefeld um rund 430 Hektar vergrößert. Als größere Ankäufe sind zu nennen:
Meyer zu Heepen (Heepen) 27,6 Hektar
Ramsbrocks Hof (Ummeln) 33,5 Hektar
Bockschatz Hof (Ummeln) 47,5 Hektar
Obersee zahlreiche Einzelbesitzer (Schildesche)18,2 Hektar
Ravensberger Spinnerei (Ummeln) 14,9 Hektar
Niemöllers Hof (Quelle) 10,6 Hektar.
Aus wasserwirtschaftlichen Gründen verpachtete die Stadt an die Stadtwerke Bielefeld ab Mitte der 1950er Jahre eine rund 307 Hektar große, in der Senne gelegene, Waldfläche.
Im Jahr 1991 erwarb die Stadt Bielefeld von der Familie Windel einen im Süden Bielefelds liegenden arrondierten Waldbesitz. Die Familie Windel, die seit den Dreißigerjahren zielstrebig den Ankauf von Waldflächen vornahm, war aus wirtschaftlichen Gründen gezwungen, ihre bis dahin auf rund 465 Hektar angewachsene Waldfläche zu veräußern.
Nach unterschiedlicher Meinungsbildung innerhalb der Fraktionen beschloss der Rat der Stadt Bielefeld dennoch, den Wald für rund 15 Millionen D-Mark zu erwerben. Durch diesen Ankauf vergrößerte sich der von der Stadt Bielefeld bewirtschaftete Wald damit um rund 50 Prozent.
Der Stadtwald Bielefeld setzt sich heute aus rund 650 Hektar Einzelflächen zusammen, die in verschiedener Flächenform und Größe auf dem gesamten Stadtgebiet verteilt liegen. Bedingt durch diese Streulage und der sich als Stadtwald ergebenden Aufgabenstruktur ist ein Vergleich mit anderen Forstbetrieben kaum möglich, zumal Maßnahmen im Bereich des anderen Naturschutzes und der Erholungsfunktion oberste Priorität genießen.
Vor fast jedem beabsichtigten Verkauf von Waldgelände an die Stadt Bielefeld versuchten die Verkäufer erst die wertvollsten Hölzer zu verkaufen. So hat die Stadt den Ankäufen von Olderdissen und Gayermann »auf dem Stamm« verkaufte wertvolle Eichen wieder zurück gekauft. Vor dem Ankauf des Hofes Bökenkamp hatte der Vormund des entmündigten Besitzers die den Hof umgebenden herrlichen Eichen sämtlich verkauft und den südlichen Waldrand derart kahl geschlagen,dass der angrenzende Buchenbestand stark durch Rindenbrand geschädigt wurde.
Der 2. Weltkrieg verursachte infolge Brennmaterialmangels im Wald große Wunden. Allein fast 12000 Festmeter Brennholz wurden in den Stadtwaldungen eingeschlagen. Jede Bielefelder Familie erhielt nur vier Zentner Brennholz. Es war kein Wunder, dass die Bevölkerung zur Selbsthilfe, zum Forstdiebstahl, schritt. Wertvolles Nutzholz wanderte in den Ofen. Außer den Durchforstungen waren durch Selbsteinschlag und Diebstahl 36 Hektar Kahlflächen entstanden.
Lesen Sie Freitag, 18. August, die 5. Folge. Thema dann: Wie Orkane und Eisregen dem Bielefelder Stadtwald zusetzten.

Artikel vom 15.08.2006