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Völkerscharen zogen
zur Burg zu Bilivelde

50 000 stürmten den Sparrenberg und hielten Markt

Von Burgit Hörttrich und
Hans-Werner Büscher (Fotos)
Bielefeld (WB). Der Markt zur hohen Sommerzit, gehalten auf der Burg zu Bilivelde, er lockt sie alle an, Handwerksmeister und Handelsherren, Schankwirte, Bettler, schöne Fräulein, Rittersleut' und viel gemeines Volk, für das allerlei Kurtzweyl geboten wurde.

40 000 zahlten den Brückenzoll, unzählige, sicher 10 000 Mägdelein und Knappen unter Schwertmaß passierten umsonst und für alle »sich hebet an ein wünneclichiu zit« wie schon weiland um 1200 Neidhart von Reuental in reinstem Mittelhochdeutsch dichtete.
Die »wunderschöne Zeit«, die sei vor allem der Authentizität zu verdanken, für die die Gruppe »Kramer Zunft & Kurtzweyl« stehe, ist Hans-Rudolf Holtkamp, Geschäftsführer der veranstaltenden Bielefeld Marketing GmbH, überzeugt. Wer in der Sprache von Wolfram von Eschenbach oder Walther von der Vogelweide (oder zumindest so ähnlich) angesprochen werde, der finde sich unversehens wieder im vermeintlich so finsteren Mittelalter - und bemühe sich, ins Bild zu passen. Es gilt, staunenswerte Abenteuer zu erleben (auf der Puppenbühne), den grausen Lindwurm zu besiegen (mit dem Holzschwert) und die Kindelein in höfischen Künsten zu unterrichten. »Es ist ein Ereignis für die Familie,« sagt Holtkamp, »keine Nachtveranstaltung.« Der Ruf des Nachtwächters ertönt, wenn noch niemand sich dem Trunke hat ergeben, noch niemanden der Hafer sticht.
Ja, ja, selbst Cultus Ferox, fleischgewordene Lebensfreude, bei deren Musik manch' heiße Zähren die Wangen netzen (vor übergroßem Glück), selbst diese Meister auf Trummeln und Dudelsack konnten den schnöden Verlockungen der Moderne nicht widerstehen und haben ihre Melodeyen auf silberne Scheiben bannen lassen, die gegen blanke Taler zu haben sind und auch jenes Teufelszeug, Handy genannt, stört den Zauber im Schatten des Burgturms. Wie im Mittelalter zu Fuß kamen die Scharen zum Markt - darunter Reisegruppen aus dem Ruhrgebiet und aus Bremen. Holtkamp: »Das Sparrenburgfest hat für Bielefeld eine hohe touristische Bedeutung.« Das Volk lege Wert darauf, dass der Charakter unverändert gewahrt bleibe. Holtkamp: »Alles soll bleiben wie gewohnt: ein Spektakel, in das man sich mühelos hinein finden kann.« Mit 6000 zahlenden Besuchern am Freitag, 17 500 am Samstag und 17 000 am Sonntag habe man Spitzenwerte erreicht. Und zwischen den gespenstisch flackernden Fackeln, Weihrauchschwaden und staunenswerten Vorstellungen blieb Zeit für Räuberspieß und Wurst, Waffeln und Met aus dem Rinderhorn. Nun Lebwohl - bis 2007.

Artikel vom 31.07.2006