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Angies WM-Tipp: Wie man verliert und dabei trotzdem den Titel holt

Mathias Tretter begeistert im Zweischlingen mit politischem Kabarett


Von Kendra Taktak (Text und Foto)
Quelle (WB). Kabarettist Mathias Tretter strahlt ins Publikum: »Das Goethe-Institut hat mir eine Auslandstour bewilligt: Adis Abeba, Bagdad, Kabul... Es geht durch die halbe Dritte Welt, und in Bielefeld fange ich heute an.« - Mehr als 120 Zuschauer lachten am Samstagabend über intelligentes aber bitterböses, politisches Kabarett im Zweischlingen.
»Deutschland - ein Gummibärchen« lautete in Anlehnung an Heinrich Heine der Titel von Mathias Tretters Show. »Ich bin der Heinrich Heine von Würzburg«, stellt er sich vor. »Es gibt da gewisse Parallelen, zum Beispiel litt Heine unter finanziellen Problemen ...«
Gleich zu Beginn und dann immer wieder beschäftigt sich Tretter mit dem Phänomen des Terrorismus, unter das er auch die Amerikaner subsummiert. Bei dem durchschnittlichen »Ami« sei die Paranoia angeboren: »Kaum ist er auf der Welt, dreht er sich um und schießt auf die Nachgeburt!«. Überhaupt sei der Amerikaner der Klassen-Depp: »Er kann zwar jedem aufs Maul hauen, aber wenn seine Schnürsenkel offen sind, braucht er Hilfe.«
Angela Merkel hat bei Tretter ebenfalls einen schweren Stand. Er nennt sie die »Paris Hilton der Weltpolitik«, denn sie unterhalte multi-laterale Beziehungen zu drei Präsidenten gleichzeitig. Nicht zu verachten sei allerdings ihr WM-Tipp gewesen: »Sie hat den Klinsmännern verraten, wie man verliert und dabei trotzdem den Titel holt!«
Ralf Schwarzer aus Brackwede spendete wie die übrigen Zuschauer begeistert Szenenapplaus. Die Scherze über die Kanzlerin gefielen ihm besonders gut, aber: »Die Klosett-Gespräche waren doch etwas überzogen.« Tretter hatte im Zuge seiner ironischen Lobhudelei auf Errungenschaften der Elektrotechnik die intelligente Toilette aufs Korn genommen, die Konversation mit dem Benutzer betreibt: Das »Stille Örtchen« werde zur »Quasselbude« - Marktführer sei Japan.
»Damit ist die Isolation des Menschen in der Moderne auf die Spitze getrieben«, nannte Zuschauer Georg Grote den Sinn hinter dem Klamauk. Zusammen mit seinem Freund Manfred Koenen fährt der Kabarett-Fan regelmäßig von Rheda-Wiedenbrück ins Zweischlingen. Mathias Tretter überzeugte sie besonders mit einem guten Programmablauf. Schlagwörter und Pointen bereits erzählter Episoden wurden in neuen Zusammenhängen immer wieder angerissen, was der Aufführung inneren Zusammenhalt gab und zu facettenreichen Gedankenverbindungen führte.

Artikel vom 31.07.2006