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Großreinemachen im Radsport

T-Mobile holt Rolf Aldag für Olaf Ludwig - Ruf nach Anti-Dopinggesetz

Hamburg (dpa). T-Mobile beendet die Zusammenarbeit mit seinem Teammanager Olaf Ludwig zum 31. Oktober, setzt aber sein Engagement im Profiradsport fort. Derweil forderte Verbandspräsident Rudolf Scharping im Kampf für einen sauberen Sport von der Politik eine Anti-Doping-Gesetzgebung.

Wie der Bonner Rennstall gestern weiter mitteilte, wird der bisherige Manager der Frauenmannschaft, Bob Stapleton, Ludwigs Nachfolger. Neuer Sportlicher Leiter wird der frühere T-Mobile-Profi Rolf Aldag.
»Es gibt eine komplett neue Lage im Radsport, und wir glauben, dass wir mit dem neuen Team-Management besser aufgestellt sind als mit dem alten«, sagte T-Mobile-Kommunikationschef Christian Frommert am Rande der Hamburg Cyclassics.
Ausschlaggebend für die Trennung von Ludwig seien fehlendes Vertrauen in das Team-Management sowie grundlegend unterschiedliche Auffassungen über die künftige Strategie, die Ausrichtung des T- Mobile Teams und den Umgang mit der aktuellen Doping-Problematik gewesen. »Wir haben gesagt, wir bleiben im Radsport, werden aber knallhart unsere Richtlinien und Strukturen verändern«, sagte Frommert. Verschiedene Medien hatten vor einer Woche über eine Ablösung Ludwigs spekuliert. T-Mobile wollte ursprünglich erst in der kommenden Woche eine Entscheidung bekannt geben.
Ludwig und Sportchef Kummer waren während der Tour de France wegen taktischer Fehler in die Kritik geraten. Zudem hatte Ludwig sich nicht klar genug vom mutmaßlich gedopten Jan Ullrich distanziert. Ludwig hatte gesagt, er könne sich eine Fortsetzung des Engagements von Ullrich vorstellen, sollte sich der Verdacht nicht bestätigen. T-Mobile kündigte daraufhin eine »grundlegende Prüfung« aller Personen und Strukturen in der Mannschaft an. »Bob Stapleton genießt das volle Vertrauen des T-Mobile-Vorstandes«, sagte Vorstandschef René Obermann über den neuen Mann an der Spitze.
Bei einem so genannten Krisengipfel sprach sich der Präsident des Bundes Deutscher Radfahrer (BDR), Rudolf Scharping, für eine Null-Toleranz-Richtlinie aus: »Unser Ziel: Strich drunter und alle, die mit Doping zu tun haben raus.«
Bei dem knapp dreistündigen Treffen mit Vertretern der deutschen Profiteams, der Renn-Veranstalter und der Sponsoren einigte man sich auf einen Maßnahmenkatalog. Die drei Kernpunkte sind die Verbesserung der Wirksamkeit von Dopingkontrollen, die Verschärfung der Sanktionen gegen Dopingsünder sowie eine Angleichung der Gesetzgebung an internationale Standards. Zudem wird eine strenge Lizenzierung von Beratern, Betreuern und Physiotherapeuten angestrebt, um auf das Umfeld der Profis einzuwirken.
Scharping sprach von einer »sehr breiten und sehr wirksamen Koalition«, die auch international Eindruck machen werde. Für Anfang August kündigte er ein weiteres Treffen an. Anschließend sollen andere Sportverbände in Deutschland, der Deutsche Olympische Sportbund (DOSB), die übrigen Radsportverbände in Europa und der Weltverband UCI für eine Koalition gewonnen werden.
Weitere Vorschläge des »halbrunden Tisches«, denn die Fahrer waren nicht anwesend: Die Tour soll entschärft und auf 15 Tage reduziert werden, um die Anforderungen zu minimieren. Zudem soll eine Art »Betriebsarzt« oberste medizinische Instanz für alle ProTour-Athleten sein: So will Patrick Lefévère, Sprecher der Elite-Teams, den Anti-Doping-Kampf unterstützen.
Derweil sprach der spanische Ex-Profi Jésus Manzano, bei Kelme in den Fängen von Dopingdoktor Fuentes, im ZDF-Sportstudio verbittert seine Meinung aus: »Alle 139 Tour-Fahrer, die Paris erreichten, waren gedopt.«

Artikel vom 31.07.2006