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Auflagen setzen E.ON unter Strom

Übernahme des spanischen Energiekonzerns Endesa weiter unklar

Madrid/Düsseldorf (Reuters). E.ON will die Auflagen der spanischen Energieaufsicht zur Übernahme des Versorgers Endesa nicht akzeptieren. Die Forderungen der Behörde seien unberechtigt, erklärte E.ON am Freitag und kündigte an, diese womöglich auf juristischen Weg kippen zu wollen.

Die von der Regierung in Madrid mit Vetorechten ausgestattete Energiebehörde CNE verlangt von E.ON, nach einer Übernahme etwa ein Drittel des Kerngeschäfts von Endesa in Spanien abzustoßen. Analysten bezeichneten die Auflagen als hart, aber akzeptabel für den Düsseldorfer Konzern, der an die Weltspitze der Strom- und Gasversorger rücken will.
»E.ON wird nach Erhalt der Entscheidung die Auflagen im Einzelnen prüfen, sieht jedoch für die bislang bekannten Auflagen keine Berechtigung und behält sich rechtliche Schritte ausdrücklich vor«, teilte E.ON mit. Die milliardenschwere Übernahme habe weiter große Bedeutung für den Konzern.
Die Entscheidung der CNE war seit Monaten mit Spannung erwartet worden, da die spanische Regierung kurzerhand die Rechte der Regulierungsbehörde ausgeweitet hatte. E.ON hatte zuvor die Offerte des spanischen Versorgers Gas Natural für Endesa um sieben Milliarden Euro überboten. Die Regierung hatte sich für das Angebot von Gas Natural ausgesprochen, um einen großen heimischen Versorger zu schmieden. E.ON bietet knapp 27 Milliarden Euro für Endesa.
Die CNE verfügte, dass E.ON im Fall einer Übernahme bei Endesa eine Erzeugungskapazität von mehr als 7000 Megawatt abstoßen muss - das entspricht einer Leistung von fünf bis sechs Atomkraftwerken in Deutschland. E.ON soll unter anderem seine Beteiligung an dem Kernkraftwerk Asco I abgeben. Die Anlage ist das einzige Atomkraftwerk, das Endesa komplett gehört, die übrigen sind Gemeinschaftsunternehmen. Bei diesen soll sich Endesa aus dem Management zurückziehen. Zudem soll Endesa die Stromversorgung auf den Kanaren, den Balearen und den nordafrikanischen Exklaven Ceuta und Melilla abgeben.
Das letzte Wort in dem Fall hat sich die spanische Regierung vorbehalten. Die EU-Kommission hat aber bereits angekündigt, das Vorgehen von Spanien genau unter die Lupe nehmen zu wollen und das Land notfalls vor dem Europäischen Gerichtshof zu verklagen. Die Experten in Brüssel hatten die Übernahmepläne von E.ON bereits im April gebilligt und sehen in der Ausweitung der Kompetenz der Energiebehörde eine Gefahr für die Wettbewerbsfreiheit. EU-Wettbewerbskommissarin Neelie Kroes hat kürzlich bei einem Besuch des Bundeskartellamts deutliche Worte gegen die Abschottung von Unternehmen vor Übernahmen aus dem Ausland gefunden. Die Diskussion um E.ON und Endesa sei ein Beispiel für eine Debatte, die unter einem Etikett wie »nationale Champions« oder »ökonomischer Patriotismus« immer wieder aufflamme.

Artikel vom 29.07.2006