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Vivat-Rufe und Handklappern

Das Sparrenburgfest zu Bielefelde wurde mit allerlei Kurtzweyl eröffnet

Bielefeld (bp). Die Schranken sind aufgethan, die fleischgewordne Obrigkeit in Gestalt des hohen Magistrats (verkörpert von Oberbürgermeister Eberhard David) hat Speis und Trank geprüft, den Vaganten zugeschaut und die Handwerksleut und dero Kunstfertigkeit geprüft, kurz: Das Sparrenburgfest zu Bielefelde ist eröffnet.

Der Marktvogt, der Ordo strenger Hüter, und der Büttel, Handlanger der Obrigkeit, kümmern sich mit des Herolds wortgewandter und lautstarker Unterstützung darum, dass das gemeine Volk der Herrschaft nicht nur mit Handklappern die Ehre erweist, sondern auch mit Vivat-Gebrüll: »Werfet Hüte und Kinder in die Luft!« Erweist sich einer nicht als recht jubelfähig, bleut ihm der Büttel schon die Tobsucht ein. David, in einen langen Umhang gehüllt, war tief ergriffen von der devoten Ehrerbietung: »Das erlebt unsereins nur beim Sparrenburgfest.«
Zwar brannte gestern die Sonne stundenweise glühend heiß vom Himmelszelt, so dass »manch Hirnschale aufgeweicht« wurde, das aber hielt niemanden davon ab, sich der Kurtzweyl hinzugeben - Ritter in Harnisch und Kettenhemd ebenso wenig wie Spielleute und Marketenderinnen, die allerdings durchaus ein wenig Haut zeigen durften. Die einen umschmeichelten die Ohren, die anderen die Augen und die dritten Leib und Magen mit Saft vom Apfel, Met, Datteltee mit Rosenwasser, Spanferkel, Würsten und Spezereien wie dem Eunuchenkuchen. Wo der Büttel Molinarius mit hochragender Hellebarde auftaucht, da ist Obacht geboten: Gestern schon wurde der eine oder andere, der aufmüpfig war, an den Pranger gestellt. Und reicht das nicht, so wartet der grause Rüdiger, der Henker, an seinem finsteren Galgen . . .
Bestimmet wird das Fest aber von Gelächter, freundlichen Schankwirten und Händlern (»Seid willkommen, edler Herr«) und edlen Knappen, die den jungen Recken zeigen, wie man das Schwert führt, um die Fräulein zu beeindrucken. Manches Turney wird wohl noch geschlagen, noch so manches Mal erbebt die Burg, wenn »Cultus Ferox« Dudelsack und Trummeln traktieren, so manches Mal dreht sich noch das Glücksrad, bis morgen, Sonntag, der Ruf des Nachtwächters als letztes Lebewohl erklingt.
l Das Sparrenburgfest ist heute, Samstag, von 11 bis 22 Uhr, und morgen, Sonntag, von 11 bis 21 Uhr geöffnet. Der Brückenzoll kostet 3 Euro, Kinder unter Schwertmaß (1,20 Meter) dürfen zollfrei passieren.

Artikel vom 29.07.2006