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Wenig Aussicht auf Waffenruhe

Israel verstärkt Luftangriffe im Libanon - Rice vor neuer Nahost-Reise

Beirut (Reuters). Israel hat am Freitag den 17. Tag in Folge verstärkt Ziele im Libanon bombardiert und dabei mindestens 13 Menschen getötet. Angesichts der teils katastrophalen Lage der libanesischen Zivilbevölkerung wurden international die Forderungen nach einem baldigen Waffenstillstand lauter.

Die USA und Großbritannien wollen die kriegerischen Auseinandersetzungen im Südlibanon mit einer multinationalen Truppe stoppen. Dazu werde in der kommenden Woche eine UN-Resolution im Weltsicherheitsrat eingebracht, sagte Präsident George W. Bush am Freitag beim Besuch des britischen Premierministers Tony Blair in Washington. »Wir haben einen Plan, um einen nachhaltigen Frieden zu erreichen«, sagte Bush.
Blair betonte, dass außer einem Ende der Raketen- und Bombenangriffe eine nachhaltige Lösung des Gewaltproblems nötig sei. Der Südlibanon dürfe kein Rückzugsgebiet für militante Milizen bleiben. Die multinationale Truppe werde bei der Verteilung humanitärer Hilfe helfen. Welche Länder sich daran beteiligen sollen, sagten Bush und Blair nicht.
US-Außenministerin Condoleezza Rice kündigte eine erneute Reise in den Nahen Osten an, um zu verhandeln. Zuvor hatten die USA verhindert, dass der UN-Sicherheitsrat Israel wegen der Tötung von UN-Beobachtern verurteilt.
Israelische Kriegsflugzeuge beschossen Bergdörfer nahe der südlichen Hafenstadt Tyrus. Zehn Menschen wurden getötet, darunter ein Jordanier. Drei weitere Menschen starben in der Nacht, als Israel Luftangriffe auf das östliche Bekaa-Tal flog. Auch die Bodengefechte nahe der Hochburg der libanesischen Hisbollah-Miliz Dschint Beil gingen weiter.
Dort und bei Marun al-Ras, einem weiteren Grenzdorf, griff die Hisbollah israelische Stützpunkte an. Zudem feuerte sie erneut Raketen auf den Norden Israels. Mindestens sechs Menschen seien verletzt worden, teilte die Polizei mit. Während einige Zivilisten noch immer in ihren Dörfern eingeschlossen waren, flohen die Bewohner des Grenzdorfs Aita al-Schaab in die nahe gelegene christliche Stadt Rmeisch.
»Wir halten zum Widerstand, aber wir brauchen Lebensmittel, um standhaft zu bleiben«, sagte der Bewohner Fatmeh Srur. Sein drei Monate altes Kind habe seit zwei Tagen nichts gegessen, weil es keine Säuglingsmilch gebe.
Frankreich und der EU-Ratsvorsitzende Finnland erneuerten vor diesem Hintergrund ihre Forderung nach sofortigem Waffenstillstand. Blair wurde im eigenen Land kritisiert, er folge blind der US-Regierung.
14 Hilfsorganisationen schalteten am Freitag Anzeigen in britischen Zeitungen, in denen sie Blairs Politik verurteilten. Zugleich forderten sie ihn auf, bei dem Treffen mit Bush öffentlich zur sofortigen Einstellung der Gewalt aufzurufen. Die USA sind gegen eine sofortige Waffenruhe und wollen zunächst eine dauerhafte Lösung für die politische Ordnung im Nahen Osten finden.
In diesem Zug sollen die Schlagkraft der Hisbollah gemindert werden und damit der Einfluss von deren Verbündeten, Syrien und Iran. Rice nannte am Freitag keinen Zeitpunkt für ihre zweite Reise in den Nahen Osten. US-Vertretern zufolge machte sie diesen davon abhängig, welche Fortschritte US-Vermittler im Libanon und in Israel machen.«
Die USA wiesen derweil die Interpretation des israelischen Justizministers Haim Ramon zur Nahost-Konferenz zurück. Ramon hatte zu der Weigerung der USA, auf der Libanon-Konferenz in Rom einen sofortigen Waffenstillstand zu verlangen, gesagt, damit habe das Treffen effektiv grünes Licht für die Fortsetzung der Bombardierungen gegeben.
Unnachgiebig hatten sich die USA indes auch im Sicherheitsrat der Vereinten Nationen gezeigt. In einer gemeinsamen Erklärung des Gremiums war nun lediglich von Schock und Entsetzen die Rede, eine eindeutige Verurteilung wurde aus dem Text gestrichen.

Artikel vom 29.07.2006