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Der Eingangsbereich des künftigen Palais' am Fuße des Teuto-Kamms oberhalb der Habichtshöhe steht voll mit Baustoffen. Auf allen drei Etagen wird mit Hochdruck gearbeitet; Heinrich begrüßt die Arbeiter.
Für die Führung seines Gastes braucht er keine Zeichnung: Aus dem Stand kennt er jede Ecke des riesigen Gebäudes, schildert bildlich künftige Wohneinheiten, wo gerade Stahlträger blank liegen. Oben im Turmzimmer des 1906 errichteten Palais' im Walde fällt sein Blick nicht ins Weserbergland, sondern zur Jugendherberge gegenüber. »Ende 2004 haben wir dort die Wohnungen an ihre Eigentümer übergeben«, erzählt Heinrich von zufriedenen Bewohnern in der Sieker Schweiz. Wenn demnächst auch das dritte Heinrich-Projekt mit der ehemaligen Dürkopp-Villa an der Furtwänglerstraße begonnen wird, hat der in Pforzheim geborene Immobilienfachmann im »magischen Dreieck« weniger Kilometer der Stadt Bielefeld gleich drei wertvolle Stücke Architektur erhalten und durch eine neue Verwendung zukunftsfähig gemacht.
Heinrich lebt seit mittlerweile 20 Jahren in Bielefeld. Das Immobiliengeschäft hat er seit dem 16. Lebensjahr von der Pike auf gelernt. Weil seine Heimatstadt Pforzheim über zahlreiche alte Häuser verfügt, vermutet er, dass seine Vorliebe für Objekte mit Denkmalcharakter bereits in der Jugend gründet. Spätestens während seiner beruflichen Tätigkeit in Berlin war die Sache entschieden, glaubt Heinrich. In der heutigen Hauptstadt kümmerte er sich um die Nutzung alter Häuser, erlebte aber auch, wie, dem Zeitgeist der damaligen Jahre folgend, reihenweise Stuck und Bögen abgeschlagen wurden, um alten Schätzen einen modernen Charakter zu verleihen.
In Bielefeld erlebte Heinrich seit 1986 eine Stadt, in der viele historische Objekte verloren gegangen waren - nicht nur bei Bombenangriffen im Krieg, sondern auch bei Baggerattacken bis in die achtziger Jahre. Gleichzeitig offenbarte sich im Oberzentrum die dringende Notwendigkeit, alten Schätzen durch eine neue Verwendung eine Zukunft zu geben.
Die Jugendherberge in der Sieker Schweiz lernte Heinrich als Ausflügler kennen. Nach jahrelangem Leerstand gelang es ihm mit einem Höchstmaß an Ausdauer durch alle Instanzen von Bauverwaltung und Denkmalschützern, eine tragbare Lösung für alle Seiten zu finden. Heute sind in dem wunderschönen Objekt aus Fachwerkelementen und Sandsteinfundamenten zwölf großzügige Wohneinheiten eingezogen. Modernste Technik am Waldrand mache das Leben einzigartig unterhalb des Rütli, hat Heinrich von den begeisterten Bewohnern erfahren. Heinrich: »Der Bedarf für diese Art des Wohnens ist in der Stadt vorhanden. Das belegt die große Nachfrage.«
Das hat der pfiffige Unternehmer auch gespürt, als er mit seinem zweiten Objekt an den Start ging. Die »Habichtshöhe« setzt in Ausstattung und Zuschnitt dort an, wo die Jugendherberge ankommt. Der jahrelange Leerstand des alten Palais' im Walde, verwunschen und vergessen, besprüht und demoliert, hat ihn sehr geschmerzt. Es war wohl ein Symbol für eine Problematik, mit der sich die Gesellschaft in der Vergangenheit zunehmend beschäftigen musste, vermutet Heinrich.
Denkmalschutz reicht für eine geregelte Zukunft nicht aus. Es braucht Visionen, Perspektiven und rechenbare Modelle, die auch bei Banken Bestand haben. Nach einer Investition am Rütli von gut 3,5 Millionen Euro steckt Heinrichs Firma Wericon gerade vier Millionen Euro in die »Habichtshöhe«.
Vom Keller bis zum Dach wird alles auf Rohbaustandard wieder aufgebaut; zehn der zwölf Wohnungen sind bereits verkauft. Interessant: Nur drei Käufer sind Anleger, aber sieben ziehen selbst ein. In der Jugendherberge wohnen sogar zehn Eigentümer selbst. Die Nachfrage ist konstant hoch. Heinrich: »Viele Käufer sind Bielefelder, andere sind im Bundesgebiet tätig, stellen aber bereits als Bielefelder die Weichen für ihre Rückkehr zu einem späteren Zeitpunkt.«
Während die beiden bisherigen Objekte, eingebettet in die Wipfel des Teutoburger Waldes, vornehmlich Fernsicht versprechen, steht Objekt Nummer 3 auch für Übersicht. Auf dem parkähnlichen Grundstück der alten Dürkopp-Villa sollen zwei Residenzen mit je fünf Wohnungen entstehen. Weil Heinrich die Pflege alter Schätze am Herzen liegt, entstehen die Bauprojekte inmitten des mit wunderschönen Treppenanlagen aus Weserstandstein in den fünfziger Jahren terrassenförmig angelegten Geländes.
In vielen Bereichen ist man in so speziellen Bauformen wie denkmalgeschützten Objekten auf sich allein gestellt, hat Heinrich erfahren müssen. Sogar Berechnungsprogramme für Steuermodelle nach AfA, für Finanzierung, Kalkulation und technische Fragen hat er in der Wericon selbst entwickelt. In den nächsten Jahren möchte er sich verstärkt in Richtung Innenstadt engagieren. Es gibt ausreichend interessante alte Industrieobjekte, in denen sich völlig neue Wohnformen angelehnt an den demographischen Wandel umsetzen ließen, findet Heinrich. Gerade die richtige Mischung aus jungem Wohnen und seniorengerechtem Wohnen, aus Arbeiten, Studieren und Genießen muss die Zukunft bilden für die innerstädtischen Strukturen von heute und die Tür offenhalten für den Trend zurück in die Stadt.

Artikel vom 29.07.2006