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Gert Lindemann

»Wir müssen
weiterhin sehr
diszipliniert mit
der Vogelgrippe
umgehen.«

Leitartikel
Vogelgrippe

Die Seuche
macht nur
eine Pause


Von Wolfgang Schäffer
Die Ruhe ist trügerisch. Das Vogelgrippe-Virus ist keineswegs besiegt. Auch wenn es derzeit kaum Hinweise auf neu infizierte Tiere gibt - die Seuche macht nur eine Pause.
Spätestens wenn die Zeit kommt, in der die Vogelschwärme wieder ziehen, erhöht sich die Ansteckungsgefahr dramatisch. Die Massenansammlungen der Tiere sind ideales Verbreitungsgebiet für Krankheiten aller Art - und damit natürlich auch für das H5N1-Virus. Wieder werden es vor allem ältere und/oder geschwächte Tiere sein, die als erste von der Seuche befallen werden. Was bei Ansteckungskrankheiten für Menschen gilt, trifft zumindest in dieser Hinsicht auch auf die Tierwelt zu.
Doch die eigentlichen Infektionswege der heimtückischen Vogelseuche haben die Wissenschaftler bis heute nicht lokalisieren können. Auch aus diesem Grund ist es schwer, der Vogelgrippe den Nährboden zu entziehen.
Gleichwohl ist festzuhalten, dass die Behörden in Deutschland nach erheblichen Startschwierigkeiten die Aufgabe recht gut gemeistert haben. Die unverzeihlichen Pannen auf Rügen, bei denen örtliche Politiker vermutlich aus Angst vor einem Touristenschwund das Problem am liebsten komplett verschwiegen hätten, wurden unverzüglich behoben. Klare Anweisungen und rechtliche Vorgaben inklusive der von vielen kritisierten Einstallungen des Federviehs haben dazu geführt, dass sich die Vogelgrippe - bis auf eine Ausnahme - nicht in die Nutztierbestände ausgedehnt hat. Inzwischen gibt es keine Sperrzonen mehr, geblieben sind lediglich ein paar Risikogebiete.
Damit der kommende Herbst ähnlich unbeschadet überstanden wird, müssen diese Vorsichts-maßnahmen erneut konsequent getroffen werden.
Konsequent haben sich die deutschen Behörden auf der anderen Seite auch frühzeitig auf eine mögliche Grippe-Pandemie vorbereitet. Schon Ende 2004 wurden in einem Influenza-Pandemie-Plan unter anderem Impfstoffvorhaltung und -bereitstellung, Meldewege und Falldefinitionen (wann ist eine Erkrankung als solche zu bewerten) festgelegt.
Robert-Koch- und Paul-Ehrlich-Institut hatten schon damals vor einem »völlig neuen Virus« gewarnt, den die menschliche Immunabwehr nicht kenne und ihm deshalb nichts entgegenzusetzen habe.
Bislang hat es keine nachgewiesene Mensch-zu-Mensch-Ansteckung beim H5N1-Virus gegeben. Doch die laufenden Veränderung des Virus deuten darauf hin, dass es nur eine Frage der Zeit ist, bis die Infektion auch diese Hürde nimmt.
Da ist es beruhigend zu hören, dass die Forscher der sonst so oft gescholtene Pharmaindustrie auf einem guten Weg sind, schon bald einen Impfstoff für den Fall der Fälle fertig zu haben. Wie zuversichtlich Europas größter Pharmakonzern, GlaxoSmithKline, ist, die Zulassung dafür zu bekommen, zeigt, die Tatsache dass GSK seine Gewinnziele für dieses Jahr schon angehoben hat.

Artikel vom 29.07.2006