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Heiße Sprints in Ostwestfalen

Ein Hauch von Tour de France: Deutschland-Tour vom 1. bis 9. August

Von Hans Peter Tipp
Bielefeld (WB). Neun Etappen, mehr als 1400 Kilometer, zwei Bergankünfte, ein Einzelzeitfahren. Die Deutschlandtour vom 1. bis zum 9. August verlangt den besten Radprofis der Welt einiges ab.

Gleich an zwei Tagen führt das einzige deutsche Mehrtagesrennen mit ProTour-Status durch Ostwestfalen-Lippe. Ziel der ersten Etappe - zuvor wird in Düsseldorf ein Prolog absolviert - ist am Mittwoch die alte Rad-Metropole Bielefeld. Am Donnerstagmorgen geht es in Minden weiter.
Die ganze Region freut sich bereits auf den Besuch der Top-Fahrer. Die ganze Region? Wahrscheinlich nicht, denn in der Gemeinde Steinhagen sitzt ein Radprofi, dem bei der rasenden Vorbeifahrt des Pelotons leicht die Tränen kommen könnten.
Jörg Ludewig, dreifacher Tour de France-Teilnehmer, hatte sich so auf sein »Heimspiel« gefreut, als er Anfang 2006 bei T-Mobile anheuerte. Spätestens vor seiner Haustür wollte der 30 Jahre alte Steinhagen in Magenta sich so in Szene setzen, dass sich der Traum von einer Vertragsverlängerung beim best bezahlenden deutschen Rennstall bald erfüllen sollte.
Es kam anders, wie alle Radsportfans wissen. Statt rosarot sieht es zurzeit für den Steinhagener zappenduster aus. Der Ruf des Ostwestfalen nahm wegen eines acht Jahre alten Vorfalls deutlichen Schaden. Und das konnte sich T-Mobile nach dem jüngsten Ullrich-Skandal nicht leisten. Deshalb wird Ludewig - aller Voraussicht nach - in diesem Jahr wohl kein Radrennen mehr bestreiten.
An diesem Wochenende will der 30-Jährige bei den Cyclassics in Hamburg erneut das Gespräch mit seinem Arbeitgeber suchen. Doch viel mehr als die Art und Weise einer gütlichen Trennung dürfte sich kaum noch verhandeln lassen. Zu angeschlagen ist das Image des Radsports in der Öffentlichkeit, als dass sich der größte deutsche Rennstall irgendwelche Halbherzigkeiten leisten könnte. Zumal bei den Magenta-Männern offenbar nicht nur die Fahrer, sondern auch die sportliche Leitung auf dem Prüfstand steht.
So ist der vermeintliche Hauptdarsteller Ludewig zur Randfigur geworden, wenn Bielefeld am Mittwoch erreicht wird. Zum 15. Mal ist die Leineweberstadt Etappenort bei der Deutschland-Tour.
»So oft wie keine andere Stadt«, wie Hans-Rudolf Holtkamp, der Geschäftsführer der Bielefelder Marketing GmbH, nicht ohne Stolz bemerkt. Aber nicht nur die Bielefelder werden sich zur Begrüßung der Radsportkarawane, die auch wegen der vorgeschalteten Werbefahrzeuge durchaus Tour de France-Flair verbreitet, herausputzen. Auch in Rheda-Wiedenbrück, wo der Tross Ostwestfalen erreicht, in Gütersloh oder in Steinhagen sind bunte Aktionen geplant. Und auch der Abschied aus OWL wird in Minden und Porta stilecht zelebriert.
Selbst eine Sprint- und eine Bergwertung werden in Ostwestfalen geboten: Bei Peter aufm Berge zwischen Steinhagen und Bielefeld geht es um das gepunktete Trikot. Heiße Sprints werden in Gütersloh gegen 16.00 Uhr auf der Carl-Bertelsmann-Straße bei einer Wertung für das Grüne Trikot und 45 Minuten später auch auf der Zielgeraden in Bielefeld auf der Herforder Straße erwartet.
Als erstes deutsches Team nominierte gestern das Team Gerolsteiner seine acht Fahrer. Vorjahressieger Levi Leipheimer (USA), der sich nach der schwachen Tour rehabilitieren möchte, stehen unter anderem Ex-Lamonta-Fahrer Stefan Schumacher, der Österreicher Georg Totschnig sowie Davide Rebellin (Italien) zur Seite.
Der Tour-Dritte Andreas Klöden fährt nicht, wie T-Mobile am Freitag mitteilte. Die Bonner setzen auf Patrik Sinkewitz und Linus Gerdemann. Bei Milram ruhen die Hoffnungen auf Erik Zabel. Insgesamt werden 22 Teams mit 176 Fahrern erwartet.

Artikel vom 29.07.2006