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Tour-Sieger Floyd Landis war gedopt

Neuer Schlag für den Radsport

Berlin (WB/dpa). Mit der positiven Probe von Sieger Floyd Landis hat sich der Doping-Teufelskreis um die Tour de France 2006 geschlossen. Nachdem den Mitfavoriten Jan Ullrich und Ivan Basso bereits im Vorfeld der Start verwehrt worden war, hat ein Testosteron-Befund bei Landis gestern den Radsport erneut geschockt.
Einfach nur zum Heulen: Beim Tour-Sieger Floyd Landis wurden nach seiner Solofahrt in einer ersten Probe verbotene Mittel nachgewiesen.
Der Amerikaner wurde als erster Sieger der 103-jährigen Tour-Geschichte positiv getestet. Wie sein Schweizer Phonak-Rennstall mitteilte, wies Landis ausgerechnet bei seiner scheinbar grandiosen Solofahrt auf der 17. Etappe nach Morzine einen ungewöhnlich hohen Testosteron/Epitestosteron-Wert auf. Der 30-Jährige hatte diese schwere Alpenetappe überraschend gewonnen und sich nach einem schweren Einbruch am Vortag damit im Gesamtklassement zurückgemeldet. Seine Fahrt war als eine der größten Leistungen des Radsports gefeiert worden, nachdem sein Schwächeanfall als Indiz für einen Weg zurück Richtung Sauberkeit galt.
Sein Rennstall teilte mit, »das Management und alle Fahrer seien völlig überrascht vom physiologischen Ergebnis«. Landis besteht laut Phonak auf einer B-Probe. Sie solle beweisen, dass das Ergebnis der A-Analyse entweder auf einem natürlichen Prozess basiere oder ein Fehler sei. Seine Mutter Arlene stellte fest: »Wenn mein Junge die Medikamente wegen seiner Hüfte genommen hat, trifft ihn natürlich keine Schuld. Wenn es etwas Schlimmeres war, dann hat er den Sieg auch nicht verdient.«
Der Befund löste Entsetzen und Zorn aus. »Wenn die B-Probe das Ergebnis bestätigt, dominieren Wut und Trauer bei allen, die von der Tour de France 2006 begeistert waren«, hieß es in einer Stellungnahme der Organisatoren.
Der größte Skandal bei der Tour de France seit der Affäre um das Festina-Team 1998 war ruchbar geworden, nachdem Landis am Dienstag ein Kriterium in den Niederlanden gewonnen hatte, Starts bei Rennen am Mittwoch und gestern jedoch kurzfristig absagte. Die Schweizer Phonak-Mannschaft war in den vergangenen Jahren mehrfach wegen Dopingsündern in ihren Reihen aufgefallen. Betroffen waren der Schweizer Ex-Weltmeister Oscar Camenzind, der frühere Zeitfahr- Weltmeister Santiago Botero aus Kolumbien, Zeitfahr-Olympiasieger Tyler Hamilton aus den USA und der diesjährige Giro-Zweite Jose Gutierrez aus Spanien.
Gutierrez war noch vor Giro-Sieger Ivan Basso vom dänischen CSC-Team von der Tour de France zurückgezogen worden. Basso und Ullrich bestreiten eine Verwicklung in den Skandal um den spanischen Arzt Eufemiano Fuentes. Vor ihren Ausschlüssen sei die Tour die Champions League des Radsports gewesen, danach die Zweite Liga, meinte Ex-Profi Rolf Aldag. »Jetzt sind wir auf Regionalliga-Niveau«, sagte Aldag, der als ARD-Kommentator noch von Landis' Solofahrt restlos begeistert gewesen war. Das ZDF prüft, ob der Sender weiter die Tour de France übertragen wird.
S. 4: Hintergrund/Leitartikel

Artikel vom 28.07.2006