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Gutes Stroh -
doch der Mais hat Probleme

Hitze beeinflusst die Landwirtschaft

Von Stefanie Westing
und Markus Poch (Fotos)
Brackwede (WB). Die Sorgenfalten auf der Stirn von Heinrich Quakernack sind noch nicht allzu tief. Der Brackweder Landwirt hat, wie viele andere Menschen auch, mit der Hitze und der Trockenheit zu kämpfen. Doch er gewinnt der Sonne auch positive Seiten ab.

»Das Getreide hat einen sehr geringen Feuchtigkeitsgehalt, nur zwölf bis 14 Prozent. Da können wir die Trocknungskosten sparen«, sagt der 52-Jährige. Die Gerste, die er vor ein, zwei Wochen geerntet hat, konnte gut auswachsen und ausreifen. »Der Ertrag war durchschnittlich, nicht schlechter als in den Vorjahren.« Auch bei der Tritikale, einer relativ unempfindlichen Mischung zwischen Roggen und Weizen, die in dieser Woche eingefahren wird, sind keine erheblichen Einbußen zu verzeichnen.
Im vergangenen Jahr, erinnert sich der 52-Jährige, gab es Ende Juli / Anfang August eine Phase mit reichlich Regen. »Da war die Situation viel schlimmer. Der Trocknungsaufwand für das Getreide war riesig und kostete tausende Euro, und wir hatten Stroh, dass nichts taugte.« In diesem Jahr ist die Lage genau umgekehrt: Das Stroh knistert schön trocken, kann bereits zu Ballen geformt und anschließend eingelagert werden. »Es hat eine gute Qualität.«
Beim Weizen, sagt Quakernack, könnte die Hitze wohl am ehesten zu einem Problem werden. »Der Weizen muss jetzt schon fast gedroschen werden, und das ist eigentlich zu früh. Die Landwirte sagen: Er ist notreif. Der Boden ist so trocken, dass das Korn nicht mehr weiter wächst.« Berieselungsanlagen, meint der Landwirt, seien keine Alternative - sie sind zu teuer. »Dann nimmt man eher den niedrigeren Ertrag in Kauf.« Bei kleinflächigeren Feldern, auf denen zum Beispiel Erdbeeren wachsen, sei die Wässerung notwendig. Auf riesigen Weizenfeldern allerdings lohne sich der Aufwand nicht.
Quakernack persönlich bereitet dieses Problem kaum Kopfzerbrechen - auf den 140 Hektar Land, die er bewirtschaftet, wächst kein Weizen. Wasser fehlt auch bei Rüben und Kartoffeln, weiß der Landwirt. Auch hier ist er nicht betroffen - Rüben zum Beispiel benötigen lehmhaltigen Boden, nicht den heimischen Sand. »Die wachsen eher in Jöllenbeck oder Dornberg.« Seinem Mais allerdings sieht Quakernack deutlich an, dass er durstig ist: »Teilweise sind die Blätter richtig braun. Die Kolben sind noch sehr klein und haben keinen vollen Kornbesatz. Da rechnen wir mit Ertragseinbußen von 30 bis 40 Prozent.«
In anderen Gegenden im Bielefelder Süden sei die Situation beim Mais nicht ganz so schlimm: »Da ist vermutlich mehr Wasser im Boden.« Auf seinen eigenen Feldern muss Quakernack doch die eine oder andere Pflanze »o.K.« verzeichnen - ohne Kolben. Die Regenschauer, die in den vergangenen zwei, drei Tagen immer mal wieder vom Himmel gefallen sind, schaffen wenig Abhilfe: »Das Wasser kommt nicht einmal auf dem Boden an. Fürs Wachstum bringen die Schauer nichts - sie sorgen nur für ein wenig Erfrischung.«
Für Erfrischung wäre gestern sicher auch Kuh »India« dankbar gewesen - sie brachte am Nachmittag ein Kälbchen zur Welt. »ÝIndiasÜ erster Nachwuchs - ein Mädchen«, verkündete Quakernack. »Bei dieser Hitze ist die Geburt noch anstrengender als sowieso schon.«
Nicht nur werdenden oder gerade gebärenden tierischen Müttern machen die Temperaturen zu schaffen - auch die anderen Kühe in Quakernacks Besitz, insgesamt 160, hecheln, sind kurzatmig und lassen ihre Zungen heraushängen. Sie warten auf Abkühlung. Auf Regen hofft Quakernack übrigens auch. Er muss die Samen der Zwischenfrüchte ausbringen, zum Beispiel Raps. »Zur Saat brauchen wir Wasser. Bei diesen Temperaturen nämlich würde der Samen im Boden schmelzen.« Die Wetteraussichten lassen ihn hoffen: »Jetzt mal zwei Tage Regen - das würde passen.«

Artikel vom 28.07.2006