27.07.2006 Artikelansicht
Ausschnitt Zeitungsausschnitt
Drucken Drucken

 

6000 Euro
sollen Zungen
lockern helfen

Neuer Brandanschlag an der Uni

Von Matthias Meyer zur Heyde
Bielefeld (WB). Erneuter Brandanschlag an der Uni: Am Dienstag, kurz vor Mitternacht, wurde ein Mülleimer in einer Damentoilette angezündet. Es entstand geringer Schaden.

Gegen 23.40 Uhr schlug ein Rauchmelder im C-Zahn an, doch die Berufsfeuerwehr konnte den Brand schnell löschen. »Die Wehr ist wegen der Anschläge sozusagen auf Stand-by, um größere Schäden zu verhindern«, sagt der Pressesprecher der Hochschule Ingo Lohuis dankbar.
In einer gemeinsamen Erklärung haben gestern die Universität und die Bielefelder Staatsanwaltschaft 6000 Euro für Hinweise ausgelobt, die zur Ermittlung und Ergreifung der Täter führen. 5000 Euro stammen von der Hochschule, der Rest aus der Kasse der Strafverfolger.
»Erfahrungsgemäß liefert eine Belohnung manchen Personen eher Gründe, der Polizei sachdienliche Hinweise zu geben«, sagte Oberstaatsanwalt Harald Krahmüller im Gespräch mit dem WESTFALEN-BLATT. »Außerdem demonstriert so eine Belohnung nach außen, welch hohen Stellenwert die Straftaten in unseren Augen haben.«
Die Strafandrohung für Brandstiftung beträgt zwölf Monate bis zehn Jahre. »Was gegenwärtig an der Uni passiert, zeigt uns klar, dass mehrere Leute Kenntnis von den Aktionen haben«, sagt Krahmüller. Je größer der Kreis der Eingeweihten, desto wahrscheinlicher, dass einer plaudert.
Mit dem AStA hat der ermittelnde Staatsschutz noch keine Gespräche geführt. Die neuen Vorsitzenden, Inga Müller und Jan Binder, verurteilen die Anschlagserie. »Falls wir Informationen über Straftaten bekommen, werden wir unser Wissen an die Polizei weiterleiten«, kündigte Binder gestern an. »Brandanschläge, die das Leben vieler gefährden, dürfen kein Mittel des politischen Diskurses sein«, heißt es in einem gestern veröffentlichten Schreiben des AStA. Und weiter: »Gewalt und Sachbeschädigung helfen niemandem und haben in der Universität Bielefeld keinen Platz.«
»Solange die Täter nicht namhaft zu machen sind, hat - wie im Rechtsstaat üblich - die Unschuldsvermutung zu gelten«, sagte Binder dem WESTFALEN-BLATT. »Auch wenn es unwahrscheinlich klingt: Die Täter können militante Nichtraucher oder Tierschützer sein - es muss sich bei den Anschlägen nicht unbedingt um Aktionen gegen die Studiengebühren handeln.«
Das Rektorat will jetzt die Öffentlichkeit für das Ausmaß der Schäden sensibilisieren. Am schwersten wütete das Feuer am 17. Juli, als im E-Zahn (Ebene 0) ein Toilettenspülkasten auf einer Herrentoilette angezündet worden war. Nicht nur wurden vier Kabinen und der angrenzende Waschraum zerstört - auch die darüberliegende Etage weist Schäden auf. »Das muss von einer Spezialfirma aufwendig saniert werden«, meint Pressesprecher Lohuis.
Unterdessen sind die 500 Räume, hinter deren Türen die sensibelsten Dinge gelagert werden (Personaldaten, Prüfungsunterlagen, teure Geräte) mit neuen Schlössern versehen worden. Hintergrund der teuren Aktion: Am 12. Juli hatten, wie berichtet, Randalierer einem Wachmann den Generalschlüssel entrissen, der an der Uni 10 000 Türen öffnet.

Artikel vom 27.07.2006