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»Feuerkopf« am
Dirigentenpult

Riccardo Muti feiert 65. Geburtstag

Rom (dpa). Seit Herbert von Karajan hat kein anderer Dirigent so gebieterische Miene gemacht, wenn er zum Taktstock greift, wie Riccardo Muti. Morgen wird er 65 Jahre alt.
Muti lässt Orchestermusikern keine Fehler durchgehen. Foto: dpa
Vor gut einem Jahr hatte Muti in der Mailänder »Scala« das Handtuch geworfen - nach fast 20 Jahre langer, hoch gelobter Wirkungszeit und einem heftigen Streit mit Intendanz und Orchester. Worum es dabei genau ging, wussten damals nicht einmal Insider zu sagen. »Künstler sind wie Kinder, verwöhnt, eitel und anmaßend«, versuchte Regie-Altmeister Franco Zeffirelli das Chaos zu erklären. Zeitweise schien Muti verbittert, sprach von einem »neuen Kapitel in meinem Leben, als Musiker und als Mensch«. Inzwischen dirigiert er wieder in der ganzen Welt: Ende Juli bei den Salzburger Festspielen, natürlich wieder einmal »Die Zauberflöte«.
Muti gilt als Perfektionist, als Präzisionsfanatiker, vor allem aber stellt er das Prinzip der »Werktreue« über alles. Für Extravaganzen, »schrille Töne und Fortissimi« oder besonders »aktuelle« Inszenierungs-Ästhetiken hat er nicht viel übrig. Muti soll sich unter anderem mit Luciano Pavarotti angelegt haben - wegen eines zu langen hohen C des Tenors.
»Eine Violine, die mir mit acht Jahren geschenkt wurde, veränderte mein Leben«, bekannte er einmal. Dabei wechselte Muti wenig später zum Klavier, mit 17 Jahren ging er ins Konservatorium. Nach ersten Erfolgen in der Heimat debütierte er 1971 bei den Salzburger Festspielen mit Donizettis »Don Pasquale« - das war der Durchbruch. Von da an ging es steil aufwärts: Der Mann mit der schwarzen Haarpracht stand im Philadelphia Orchestra am Pult und an der Spitze des Philharmonischen Orchesters in London. Er tourte durch die USA, gastierte in Wien, arbeitete mit Eifer im Plattenstudio. Muti brillierte mit Verdi-Opern wie »Nabucco« und »La Traviata«, genauso beim »Parsifal« von Richard Wagner. Wegen seiner aufbrausenden Art wird der Dirigent »neapolitanischer Feuerkopf« genannt.

Artikel vom 27.07.2006