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Ehud Olmert

»Wir brauchen internationale Truppen, die eingreifen können«.

Leitartikel
Zuspitzung in Nahost

Syrien rückt
ins Zentrum des Konflikts


Von Friedhelm Peiter
Der neue, nicht erklärte Krieg im Nahen Osten hat alle Bemühungen der letzten Monate und Jahre um eine Friedenslösung hinweggefegt. Der Friedensplan, die so genannte »road map« der UN, der USA, der EU und Russlands, ist nur ein Stück wertloses Papier.
Dieser Krieg hat nur eines geschafft: Er legt die Fundamente für neuen gegenseitigen Hass.
Und so ging es bei der Krisenkonferenz in Rom lediglich darum, zunächst einmal Wege zu einer Waffenruhe zwischen Israelis, Palästinensern und der Hisbollah in einem Krieg zu finden, in dem die Trennlinie zwischen militärischen und zivilen Zielen immer unschärfer wird und auch UN-Militärbeobachter zu Opfern israelischer Bomben werden.
Auch diese neue Nahostkrise zeigt abermals, dass es nicht nur um eine Konfliktlösung zwischen Israelis und Palästinensern geht. Denn Mitspieler im Konflikt sind ebenso die um eine Normalisierung der Lage bemühten Länder Ägypten und Jordanien wie auch Syrien und Iran, die die Hisbollah aufgerüstet haben und unterstützen.
Und Syrien besitzt eine Schlüsselstellung in diesem Konflikt. Wenn er entschärft werden soll, müssten die USA und auch Israel mit den Syrern reden - auch wenn US-Präsident George W. Bush Syrien mit Recht in die Reihe der »Schurkenstaaten« gestellt hat. Syriens Präsident Baschir al-Assad ist ein Diktator, er unterstützt den Terror und ist in den Mord am libanesischen Premierminister Rafik el Hariri verwickelt. Trotz alledem führt für die USA wohl nichts an der bitteren Einsicht vorbei, auf Assad zugehen zu müssen.
Eine Chance besteht darin, dass der international isolierte syrische Präsident bereit sein könnte, für einen politischen Preis die Unterstützung der Hisbollah zu beenden und den Waffennachschub aus Iran zu unterbinden.
Dieser Preis könnte darin bestehen, dass Washington das düstere Regime in Damaskus als politischen Mitgestalter in der Region akzeptiert. Dann könnte zu einem späteren Zeitpunkt auch die Rückgabe der Golan-Höhen von Israel an Syrien wieder ein Thema werden.
In Jerusalem treffen solche Überlegungen derzeit auf Unverständnis. Dort argumentiert man: Der Rückzug aus Gaza, der Rückzug aus dem Süden Libanons, was hat das uns gebracht? Nichts.
So werden sich die Anstrengungen - wie gestern in Rom vereinbart - zunächst einmal darauf richten, nach einer Waffenruhe eine internationale Stabilisierungstruppe im Libanon zu stationieren. Aber hier fangen die Fragezeichen bereits wieder an. Wie viele Soldaten braucht man, wer soll eine solche Truppe anführen, welche Nationalitäten sollen vertreten sein, und welches Mandat soll sie haben? Schließlich braucht eine solche Truppe die Zustimmung Israels, Libanons, der Palästinenser, der politischen Hisbollah-Führung, der Arabischen Liga, Irans und Syriens. Denn nur mit der nötigen Rückendeckung könnte sie die Lage an der Grenze zwischen Israel und Libanon stabilisieren.

Artikel vom 27.07.2006