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Kochlöffel-Kampf im Sennesand

Die Militärköche der Rheinarmee ermitteln ihren »Maître de Cuisine«

Von Hubertus Hartmann
Paderborn (WB). »Ohne Mampf kein Kampf«, lautet ein alter Landser-Spruch. Und in Friedenszeiten ist die Gulaschkanone allemal wichtiger als eine Feldhaubitze. Wie man unter Gefechtsbedingungen kocht, das demonstrieren zurzeit 23 Küchenteams auf dem Truppenübungsplatz Sennelager bei Paderborn.

»Rhino Caterer« heißt das Manöver, in dem die Küchenmeister der britischen Streitkräfte in Deutschland ihren Champion ermitteln. Jedes Team besteht aus drei Köchen und einem Fahrer.
Unter einer alten Eiche hat das in Sennelager stationierte Flugabwehrbataillon sein Küchenzelt aufgebaut. Bereits auf dem Weg zum »Kochlöffel-Gefechtsstand« wird der Jeep unter Beschuss genommen. Team Captain Mark Tayler und seinen Mannen fliegen »blaue Bohnen« um die Ohren, noch bevor das erste Steak auf dem Rost brutzelt. Sie ziehen die Köpfe ein, Fahrer Mike Wrightham gibt Gas und meistert die Situation souverän.
Schnelligkeit, Improvisationstalent und Kreativität sind auch bei der Zubereitung der Gerichte gefragt. In einer Überraschungskiste, der so genannten »Mystery Box«, findet die Truppe Schweinefilet, Lachs, Hähnchenbrust, Rotkohl, Tomaten, Johannisbeeren, Pilze, Brokkoli, Basilikum und ein paar Gewürze. Daraus müssen die Köche in knapp zweieinhalb Stunden eine Vorspeise, drei Hauptgerichte und ein vegetarisches Gericht für 20 Soldaten zaubern. Ein offenes Feuer im Erdloch, ein Rost und ein ausgedientes Fass als Backofen - mehr steht ihnen dafür nicht zur Verfügung.
»Mehr als ich dachte«, schmunzelt Nicholas Gray vom 6th Suppley Regiment Gütersloh. Kurz überlegt, wie die Speisefolge aussehen soll, und los geht's. Die Maschinenpistole liegt stets griffbereit, während sein Kamerad Carl Frazer über den Flammen schon die Soße für die Pilzpastete anrührt.
»Trotz erschwerter Bedingungen legen wir hier die gleichen Standards an wie in einem Spitzenrestaurant«, erklärt Kelvin McDonald von der britischen Kochgilde. Mit sechs weiteren Spitzenköchen ist er eigens aus England angereist, um die Leistung seiner Kollegen im Kampfanzug zu bewerten. Er selbst war vier Jahre Streitkräfte-Koch in Münster. Heute führt McDonald das »Bankside«, eines der renommiertesten Restaurants in London. »Beim Militär habe ich viel gelernt«, sagt er.
Chef der Jury ist Major Harry Lomas, Zeremonienmeister im Hauptquartier der britischen Army. Er achtet besonders auf Pünktlichkeit und Hygiene. »Das Essen muss schmecken, nahrhaft und heiß sein«, lautet seine Devise. »Im Feld hat jeder Soldat nur elf Minuten Zeit zum Essen.«
Die meisten Teams bewältigen die erste Aufgabe mit Bravour. Heute, am zweiten Wettbewerbstag, müssen sie verschiedene Menüs aus den Standardrationen der Armee kochen. Der Sieger nimmt dann an den nationalen Ausscheidungen in England und später vielleicht an der Weltmeisterschaft der Militärköche teil.
Von insgesamt 3000 Köchen werden die 120 000 Soldaten der Royal Army bekocht. Der tägliche Verpflegungssatz für jeden britischen Soldaten beträgt 5,44 Euro - für drei Mahlzeiten wohlgemerkt. Da müssen die Militärköche ihrer Majestät nicht nur im Feld ziemlich flexibel sein.

Artikel vom 25.07.2006