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Die Arminen sprechen Deutsch

Bielefelds Mittelfeldabräumer Radim Kucera: »Ich kann noch viel mehr«

Walchsee (WB). Der DSC Arminia macht seinem Namen alle Ehre. DSC steht bekanntlich für »Deutscher Sport Club«, und Deutsch ist auch die geforderte Umgangssprache in der Bielefelder Profimannschaft.

»Darauf lege ich großen Wert«, sagt Trainer Thomas von Heesen und verweist auf viele andere Bundesligateams: »Da müssten eigentlich ein paar Dolmetscher mitspielen, damit die Verständigung klappt.« Acht Nationalitäten (Marokko, Dänemark, Brasilien, Tschechien, Polen, Südafrika, Albanien und Deutschland) sind zwar in dem 25-köpfigen Kader vertreten, doch außer dem englisch sprechenden Zuma verstehen alle Spieler deutsch.
»Die gemeinsame Sprache ist sicher auch ein Geheimnis, warum es in dieser Mannschaft so gut harmoniert«, stellt Sportchef Reinhard Saftig fest und erinnert sich an seine Zeit als Trainer: »Ich hatte viele Stationen, aber so einfach wie in Bielefeld war die Verständigung in den Teams nie.« Vier Tschechen spielen derzeit bei Arminia Fußball. Petr Gabriel hat auch unter seinen Landsleuten Kucera, Kobylik und Vacek die Führungsrolle übernommen und hilft gern, wenn er benötigt wird. Diese Hilfe nimmt nur noch Radim Kucera gelegentlich in Anspruch, der im August vergangenen Jahres ohne deutsche Sprachkenntnisse von Sigma Olmütz verpflichtet wurde. Der kantige Abräumer vor der Abwehr ist aber sehr bemüht, die deutsche Sprache zu erlernen. Gemeinsam mit Ehefrau Pavla nimmt er seit einiger Zeit zweimal pro Woche in Bielefeld an einem Deutsch-Kursus teil.
Im Trainingslager in Walchsee teilt er sein Zimmer mit Artur Wichniarek. »Ich habe mich von meinem Kollegen David Kobylik getrennt, weil wir sonst immer nur tschechisch reden«, erklärt Kucera, fügt aber spitzbübisch lächelnd an: »In der Schule habe ich als Fremdsprachen Russisch und Polnisch gelernt. Wenn ich jetzt auf deutsch nicht weiterkomme, kann ich mich mit Artur immer noch auf Polnisch verständigen.«
In den täglichen Trainingseinheiten kniet sich »Kutsche« richtig rein. »Ich will endlich wieder spielen«, sagt der zweifache Familienvater, der es nicht gewohnt ist auf der Ersatzbank zu sitzen. Als zuverlässiger Kapitän war der 32-jährige Abwehr-Hüne (1,88 m) in Olmütz immer gesetzt. Sein später Traum vom Auslands-Fußball ging ebenso in Erfüllung wie der Platz in der Anfangsformation.
Seitdem Kucera von September 2005 an mitwirkte, begann Arminias Aufschwung. Das Team holte mit ihm aus fünf Spielen zehn Punkte in Folge. »Ich hatte eine gute Serie«, stellt der Tscheche fest und bedauert, dass ihn zunächst eine Knieverletzung und später ein Infekt, der schlechte Blutwerte verursachte, lange außer Gefecht setzten. So kam er zwar noch auf 15 Bundesligaeinsätze, doch zufrieden war »Kutsche« damit nicht. »Ich kann mehr, als ich bisher zeigen durfte.«
Bei der Rafting-Tour in der vergangenen Woche war der begeisterte Hobby-Angler Kucera in seinem Element. Spottet Gabriel: »Von den Schönheiten der Natur hat Kutsche nichts gesehen. Er blickte nur ins Wasser, um vielleicht einen Fisch zu entdecken.« Genauso gut wie im Wildwasser-Boot verstehen sich die beiden Landsleute auch auf dem Platz. Auf der »Sechser-Position« fühle er sich am wohlsten, versichert Kucera und Petr Gabriel verrät, warum er gern mit Radim in einer Mannschaft spielt: »Der rammt vor der Abwehr die Leute weg, so dass ich nur noch den durchlaufenden Ball abfangen muss.«
Und in welcher Sprache lauten die Kommandos zwischen den beiden Abwehr-Kanten? Dazu Petr Gabriel: »Natürlich auf Deutsch. Nur wenn's schnell gehen muss oder Kutsche seinen Mann laufen lässt, schimpfe und fluche ich auf Tschechisch.« Und schelmisch blitzen seine dunklen Augen: »Das ist kein Problem. Diese Wörter verstehen die deutschen Kollegen inzwischen auch.«

Artikel vom 26.07.2006